In den 60er Jahren hatte Rover beachtlichen Erfolg mit dem P6 (Rover 2000) genossen. Die Schwestermarke Triumph war mit einem ähnlichen Fahrzeug, dem Triumph 2000/2500 ebenso erfolgreich. Der Nachfolger dieser beiden Fahrzeuge, der Rover SD1, konnte die Erfolge des Rover P6 und des Triumph 2000/2500 nicht fortsetzen. Zwar konnte British Leyland mehr Fahrzeuge als beim Vorgänger Rover P6 absetzen, aber da der SD1 auch den Triumph 2000 ablösen sollte, konnten die zusammengerechneten Verkaufszahlen der Vorgängermodelle vom SD1 nicht erreicht werden. Der Rover SD1 war fortschrittlich und er war genau das, was die Käufer in den 70er Jahren haben wollten. Aber die Produktqualität in der Produktion wurde von British Leyland nicht beachtet und sehr schnell war der Ruf des SD1 getrübt.
Trotzdem blieb der Rover SD1 zum Ende seiner Produktionszeit positiv in Erinnerung. Er wurde von den Kunden als letzter klassischer Rover vor der Rover-Honda-Kooperation angesehen. Ab Anfang der 80er Jahre verbesserte sich auch die Fertigungsqualität und ließ dadurch die katstrophale Qualität der 70er Jahre etwas in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig begann Rover, ab Anfang der 80er Jahre einen Nachfolger für den SD1 zu entwickeln.
Es gab bei British Leyland/Austin Rover verschiedene Überlegungen, wie man kostengünstig den SD1 ersetzen könnte. Zunächst gab es das Projekt Rover Bravo. Dabei handelte es sich aber lediglich um eine tiefgreifende Überarbeitung des SD1. Nachdem dies verworfen wurde, konzentrierte man sich 1981 auf das Projekt LM15. Dabei sollte auf Basis des Austin Montego (Codename LM11), einer recht biederen Mittelklasse-Limousine, die ab 1984 erhältlich war, ein Rover Oberklasse-Modell entwickelt werden. Auch diese Idee erwies sich als Irrweg. Die Rover Ingenieure stellten aber ziemlich schnell fest, dass ein solches Fahrzeug angesichts der neuen Konkurrenz, die Mitte der 80er den Markt erreichen würden (Opel Omega A, BMW 5er) schon bei der geplanten Vorstellung des neuen Rovers 1985 veraltet sein würde.
Im November 1981 entschloss sich BL dann, die Kooperation mit Honda mit weiterem Leben auszufüllen. Das Projekt „XX“ (bei Honda „HX“) wurde ins Leben gerufen. Ziel war die gemeinsame Entwicklung einer Honda- und Rover-Oberklasselimousine. Sehr früh legte man sich fest: Der neue Rover sollte den Namen 800 tragen und eine konventionelle Limousine und kein Schrägheck wie der SD1 werden.
Im Juli 1982 wurde das erste Design-Modell des zukünftigen Rover 800 erstellt. Man hatte einige Designelemente des SD1 übernommen, um die Familienähnlichkeit zu wahren. Daneben gab es noch neue Designentwürfe, wie zum Beispiel geschwärzte A-, B- und C-Säulen.
Die Zusammenarbeit zwischen Rover und Honda war insgesamt gut. Aber es zeigten sich auch Probleme bei der Zusammenarbeit mit Honda. Die Größe und der Innenraum eines Fahrzeugs bestimmen sich maßgeblich durch den Radstand. Da der zukünftige Honda Legend auch in Japan verkauft werden kann, musste sich Honda unbedingt an die japanischen Steuer-Vorschriften halten. Der Wagen durfte eine gewisse Mindestbreite nicht überschreiten, was dann wieder Auswirkungen auf die Gesamtlänge hatte. Dadurch konnte Rover den 800 nicht geräumiger konstruieren als den SD1. Nicht ganz optimal bei einem neuen Fahrzeug!
Auch beim Fahrwerk gab es Differenzen. Honda wollte unbedingt ein Double Wishbone Fahrwerk einbauen. Dadurch konnte der Wagen ganz im Stil der Zeit flacher konstruiert werden. Allerdings ging dieses Layout auf Kosten des Fahrkomfort. Zwar fuhr sich der 800 besser als der SD1, aber denoch war Rover mit dem Fahrkomfort nicht ganz zufrieden. Der 800 entsprach trotz der Überarbeitung durch die Rover-Ingenieure eher dem sportlichen Honda-Stil.
Zumindest konnten die Rover-Ingenieure sich bei der Innenraumgestaltung durchsetzen!
Motorenseitig dachte man bei Rover nicht daran, den immer noch recht modenen und beliebten Rover V8 in den 800 einzubauen. In den beginnenden 80er Jahren war nach den Ölkrisen ein durstiger V8-Motor nicht opportun. Da mit dem Ende des SD1 auch die Produktion der nicht sonderlich überzeugenden Triumph R6-Motoren eingestellt werden sollte, gab es im BL/Austin-Rover-Konzern plötzlich keine großen Motoren mehr für eine Oberklasselimousine. Daher verwendete man den 2,5 Liter Honda V6 mit 150 PS für den 800. Daneben wurde als Einstiegsmotorisierung ein 2,0 Liter Rover-Vierzylinder der M16-Serie in zwei Leistungsversionen vorgesehen.
Nachdem das Layout der Entwicklung des 800 festgelegt war, entschied sich Rover 1984, doch noch ein Schrägheck als Fortsetzung des SD1 zu konstruieren. Dies war aber noch nicht alles. Der 800 war auch mit Blick auf den amerikanischen Markt konstruiert worden. Nach dem Mißerfolg mit dem Rover SD1 und dem Rückzug aus dem amerikanischen Markt Anfang der 80er Jahre wollte Rover endlich an die Erfolge der britischen Marken in den 50er, 60er Jahren und beginnenden 70er Jahre anknüpfen. Man hatte auch schon eine amerikanische Vertriebsfirma gegründet: ARCONA (Austin Rover Cars Of North America). Deshalb entschied man sich, noch eine dritte Karosserievariante zu entwickeln, die speziell auf den amerikanischen Markt zugeschnitten werden sollte: Das Rover 800 Coupe.
Am 10. Juli 1986 wurde der Rover 800 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Jahr 1985 war für Austin-Rover schlecht gelaufen. Trotz der recht neuen Modellpalette (Mini, Metro, Maestro, Montego) schaffte man es nicht, die Verkaufszahlen der alten und qualitativ schlechten 70er Jahre-Modelle, Princess, Allegro, Ital (Marina) und Maxi zu erreichen. Austin-Rover schrieb wieder (geringe) Verluste. Jetzt lagen die Hoffnungen auf dem neuen Rover 800, der jedoch ein Jahr später als geplant auf den Markt kam. Jedoch war die Presse nicht ganz zufrieden mit dem neuen 800. Der Honda V6 mit 150 PS (ohne Kat 166 PS) hatte mit seinen 2,5 Liter Hubraum nicht genügend Drehmoment. Auch die Vierzylinder-Motoren der M16-Serie mit 118 (820E) und 138 PS entsprachen nicht dem typisch britischem Geschmack, da sie hoch gedreht werden mussten, um ihre Leistung abzuliefern. Auch war die M16-Serie eher ein rauher Geselle, der nicht ganz zum 800 passte. Insgesamt war man aber mit dem 800 zufrieden und die britische Presse hielt gerade den Vierzylinder 820 trotz der Kritik für die beste Oberklasse-Limousine im 2-Liter-Segment. Insgesamt also eine einigermaßen positive Ausgangslage.
Allerdings gab es da ein kleines Problem. Zwar wurde die M16-Version des 800 (Rover 820) gleichzeitig mit dem Honda V6 (Rover 825) vorgestellt. Erhältlich sollte die Einstiegsversion aber erst ein Jahr später, im Sommer 1987 sein. Man begann also mit einer Ein-Modell-Strategie mit dem 825 in den Ausstattungsvarianten Sterling (luxuriös – nicht zu Verwechseln mit der US-Untermarke Sterling). Damit zementierte man den Ruf des 800, ein sehr teures Fahrzeug zu sein. Jaguar brachte zur gleichen Zeit den neuen XJ6 auf den Markt. Dabei propagierte Jaguar recht geschickt den XJ6 als Modellfamilie mit verschiedenen Motorisierungen. Schlecht für Rover war, dass der Einstiegs-XJ6 2.9 deutlich billiger als der entsprechende Rover 825 Sterling war. Sogar Premierministerin Magaret Thatcher, die vom Rover 800 sehr beeindruckt war, entschied sich privat gegen den 800, da er ihr zu teuer war. Verständlicherweise griffen die Kunden dann lieber zum prestigträchtigeren und günstigeren Jaguar XJ6.
Der neue Rover 800, aber auch die für Europa bestimmten Honda Legend, wurden im alten Morris-Werk in Cowley bei Oxford (heute das BMW-Mini-Werk) produziert. Für die Produktion wurden in Cowley extra japanische Produktionsstandards eingeführt, die für eine deutlich bessere Qualität der Fahrzeuge sorgen sollte. Dies gelang jedoch nur teilweise. Aufgrund der verzögerten Einführung des Rover 820 war die Fabrik nicht ausgelastet. Statt 1.500 Rover 800 wurden zu Beginn lediglich 500 Rover 800 wöchentlich hergestellt. Ein Grund dafür waren auch die zu geringen Verkaufszahlen in den USA.
Ab 1986 war Rover wieder in den USA vertreten. Da man jedoch den Markennamen Rover in den USA als „verbrannt“ ansah, gründete man dort eigens die Marke Sterling, um den 800 dort zu vermarkten. Allerdings erwischte Rover eine ungünstige Zeit in den USA. In den USA gab es einen Preiskampf, an dem sich Rover im Gegensatz zu Honda nicht beteiligen wollte. Ohne entsprechende Rabatte lief der Verkauf des 800 daher in den USA entgegen dem Honda Legend eher schleppend. Grundsätzlich ist es für die Gewinnmarge nicht schlecht, wenig Rabatt anzubieten. Wenn aber die Fabrik nicht ausgelastet ist, hilft die einzelne Gewinnmarge nicht weiter. Leider änderte Rover die Tatik beim Verkauf des 800 nicht.
1988 gab es die ersten Neuerung. Zunächst kam das Rover 800 Schrägheck als „echter“ Nachfolger des Rover SD1 auf den Markt. Daneben wurde der kritisierte Honda V6 überarbeitet. Durch den von 2,5 auf 2,7 Liter erhöhten Hubraum verbesserte sich bei einer Leistung von 169 PS vor allem das Drehmoment des Motors. Damit konnten die bisherigen Kritikpunkte abgestellt werden. Die Modellbezeichnung des 825 veränderte sich logischerweise in 827. Der Fünftürer wurde auch in der Ausstattungsvariante Vitesse vertrieben. Allerdings war der 827 Vitesse trotz des verbesserten Honda V6 nicht mit dem alten SD1 Vitesse mit leistungsgesteigerten Rover V8 vergleichbar. Hier konnte der Rover 800 trotz des Traditionsnamens Vitesse nicht mit dem Vorgänger mithalten.
Die Fortsetzung in Teil 2 folgt hier!