Rover P6 (1963 bis 1977) – Teil 1

Der Rover P6 veränderte radikal das Image von Rover. Bis Anfang der 60er Jahre stand Rover für gediegenen, aber langweiligen Luxus in der gehobenen Mittelklasse. Dies änderte die sehr moderne Konstruktion des P6. Der P6 brach vor allem optisch mit seinen Vorgängern. Der Wagen war schnell und sportlich – aber weiterhin qualitativ hochwertig. Gemeinsam mit dem Triumph 2000/2500 schuf er in England eine neue Fahrzeugklasse – die Executive Business Class. Heute würde man Premium-Klasse dazu sagen. Gerade auf diesem Feld der gehobenen Geschäftskunden und sportlich progressiv orientierten Privatkunden konnte Rover Jaguar, aber auch den gehobenen BMC-Modellen (Wolseley, Riley, Vanden Plas) viele Kunden abnehmen.

Der P6 war das letzte der von Rover entworfenen P-Nachkriegsmodelle, das in Produktion ging. Für Rover war der P6 ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit und ein großer Sprung ins Ungewisse. Rover verkaufte bisher eher gemütliche Autos, wie zum Beispiel den Auntie-Rover P4 und den luxuriösen konservativen Rover P5. Man wollte mit dem neuen P6 nicht nur eine neue Fahrzeugklasse besetzen, sondern auch optisch und technisch völlig neues schaffen. Der Rover 2000 war das Produkt eines neuen und fantasievollen Entwicklungsteams, dass Rover in den 50er Jahren hatte. Ihre Idee war, ein neues und radikales Auto zu produzieren. Das Projekt wurde offiziell im Jahr 1956 begonnen. Eine neue Käuferschicht begann zu entstehen – die Baby-Boomer – und auf diese neue Schicht, die etwas anderes wollte, sollte der P6 zielen.

Der 2000 war mit seiner De-Dion-Hinterachse, 4 Scheibenbremsen (hinten innenliegend) und einem voll synchronisierten Schaltgetriebe seiner Zeit voraus. Die selbsttragende Karosserie („Muschel“ genannt) hatte nichttragende Bleche an einem Teilrahmen. Bemerkenswert war die Verwendung von rostfreiem Stahl an Stelle von verchromten Anbauteilen. Von der Zierleiste am Dach bis zu den Radkappen waren alle Teile aus rostfreien Stahl hergestellt. Motorhaube und Kofferraumdeckel wurden zur Gewichtsersparnis aus Aluminium gefertigt.

Bei der Vorstellung 1963 setzte der Rover 2000 auch Maßstäbe in der Sicherheit. Das Auto war auf Wunsch auf allen Sitzplätzen mit Sicherheitsgurten ausgestattet und hatte eine im Hinblick auf passive Sicherheit konstruierte Innenausstattung. Neu war die extrem kurze, im Falle eines Aufpralls nach oben abknickende, Lenksäule. Ein weiteres neues Ausstattungsdetail waren Glasprismen an den vorderen Begrenzungsleuchten. Sie ermöglichten dem Fahrer, die Fahrzeugbreite auch bei schlechter Beleuchtung gut abzuschätzen, und dienten außerdem dazu, defekte Standlichtbirnen anzuzeigen.

Ein besonderes Merkmal des Rover 2000 war darüber hinaus die ungewöhnliche Vorderradaufhängung. Diese war mit Umlenkarmen und horizontal angeordneten Schraubenfedern so konstruiert, dass der Motorraum gegebenenfalls auch für die Rover-Gasturbine Platz geboten hätte. Tatsächlich wurde diese Gasturbine aber nie in Serienfahrzeugen verwendet, sondern nue im Rover P6 Prototyp (Bild unten) und in Le Mans Rennwagen eingesetzt. Die Breite des Motorraums ermöglichte später aber den Einbau eines V8-Motors.

Der Kofferraum war nur eingeschränkt nutzbar. Gründe dafür waren u.a. die aufwändige ‚Base-Unit‘-Hinterachsenkonstruktion, der Einbauort der Batterie und der aus Sicherheitsgründen hinter der Stahlwand der Rücksitze platzierte Benzintank. Wegen des geringen Kofferraumvolumens wurde das Reserverad bei einigen Modellen gegen Aufpreis außen auf dem Kofferraumdeckel montiert.

Das Fahrzeug wurde ab 1963 zunächst unter der Bezeichnung Rover 2000 verkauft. Der Wagen wurde im Oktober 1963 vorgestellt, interessanterweise eine Woche nach dem direkten Konkurrenten Triumph 2000, der ebenfalls in ähnlicher Weise revolutionär und auf die neue Käuferschicht abgestimmt war. Folgerichtig wurde der Rover 2000 (P6) 1964 zum ersten „Car of the year“ überhaupt gekürt.

Der erste P6 (Rover 2000) hatte eine Vierzylinder-Maschine mit 1978 cm3 Hubraum, obenliegender Nockenwelle und 90 PS Leistung. Für 0 auf 100 km/h benötigte der 2000 14,6 Sekunden und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 168 km/h. Der ohc-Motor war speziell für dieses Modell entwickelt worden, erwies jedoch als etwas rauh. Der Konkurrent Triumph war technisch zwar nicht ganz so fortschritlich wie der P6, konnte dafür jedoch einen seidenweich laufenden Reihensechszylinder mit 2 Liter Hubraum anbieten.

Der 4,53 Meter lange P6 war vom ersten Tag an ein großer Verkaufserfolg für Rover. Rover hatte zunächst nicht das Problem, den Wagen zu verkaufen. Problematisch für Rover war, mit den Bestellungen bei der Produktion Schritt zu halten. Der P6 übertraf sogar die als sehr optimistisch eingeschätze Annahme des Managements, 250 P6 pro Woche bauen und verkaufen zu können. Tatsächlich produzierte und verkaufte man schnell 550 Fahrzeuge in der Woche. Selbst auf den Genfer Salon 1965 teilte Rover mit, dass man auch doppelt soviele P6 verkaufen könnte, wenn man nur Produktionskapazitäten frei hätte.

Die Nachfrage nach den neuen Rover- und Triumph-Modellen beeinflusste deutlich die Verkaufszahlen des britischen Altmeisters in diesem Fahrzeugsegment: Jaguar. Dies zeigen deutlich die Verkaufszahlen des Jaguar Mk. 2. Im Jahr 1960 baute Jaguar 21.436 Mk. 2, aber im Jahr 1963 waren es nur noch 10.253, im Jahre 1964 8.074 und 1965 schließlich 4.847. Der Jaguar Mk. 2 war das schlechtere Fahrzeug und war gegen die neuen Modelle chancenlos. Jaguar entschloss sich deshalb, dieses Segment aufzugeben und sich auf die automobile Oberklasse zu konzentrieren. Erste Produkt dieser neuen Strategie war der Jaguar XJ6 im Jahr 1968.

Rover überarbeitete für das Jahr 1966 den Vierzylinder-Motor und brachte auch eine Variante mit SU-Doppelvergasern als Rover 2000 TC auf den Markt. Die Leistung des 2000 TC betrug 110 PS. Der 2000TC schaffte 0 auf 100 km/h in 11 Sekunden und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 177 km/h. Das ursprüngliche Modell 2000 wurden ab 1966 als Rover 2000 SC bezeichnet und war weiterhin mit einem SU-Einfachvergaser und einer Leistung von 90 PS ausgestattet.

Doch bei dieser Leistung sollte für den Rover P6 noch lange nicht Schluss sein. Die Fortsetzung folgt in Teil 2!

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