Saab, Youngman, Spyker und Victor Mullers Dienstwagen

Eine Delegation von Youngman ist gestern in Schweden eingetroffen, um weiter mit den Saab-Insolvenzverwaltern zu verhandeln. Unter den Mitgliedern der Delegation befindet sich neben Vertretern der Bank of China auch der Vorstandschef von Youngman, Pang Qingain. Dieser hat sich auch gegenüber der schwedischen Presse geäußert.

Youngman möchte unter allen Umständen Saab im ganzen kaufen. Das Gebot von Youngman liegt jetzt bei ca. 230 Mio. Euro. Darin nicht enthalten ist ein Gebot für Saab Parts. Saab Parts ist profitabel und wird nicht von der Insolvenz umfasst. Gleichzeitig dient Saab Parts noch als Sicherheit für die zwischenzeitzlich in Anspruch genommene Bürgschaft der schwedischen Regierung für den EIB-Kredit in Höhe von ca. 218 Mio. Euro. Da Youngman auch Saab Parts kaufen will, liegt das Gesamtgebot von Youngman deutlich über dieser Summe. Ich schätze mal in Anbetracht des EIB-Kredits bei insgesamt ca. 450 Mio. Euro.

Youngman möchte so schnell wie möglich die Fahrzeugproduktion in Trollhättan wieder aufnehmen, auch ohne GM-Lizenzen. Dazu will man ca. 1,4 Mrd. Euro investieren. Eine hohe Summe, mit der man einiges erreichen kann. Allerdings kann in der Automobilindustrie eine solche Summe auch schnell weg sein, wenn man keine Erfolge vorweisen kann.

Noch sind die meisten Saab-Mitarbeiter entgegen der häufig aufkommenden Gerücht an Bord. Von den sehr begehrten ca. 1.500 Ingenieuren und Angestellten haben bisher lediglich 380 Mitarbeiter Saab verlassen. Bei den Mitarbeitern am Band sind die Alternativen sehr rar gesät. Hier haben von ca. 2.000 Mitarbeiten bisher erst 100 einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Noch ist also ein Neustart mit den meisten Mitarbeitern und vor allem mit den wichtigen Ingenieuren möglich. In den 380 Abgängen sind ja auch die Abgänge an die „Ausgliederungen“ wie z.B. LeanNova enthalten, auf deren Ingenieursleistungen ja ein neuer Investor weiter bauen kann. Insgesamt haben wohl lediglich ca. 150 bis 200 Ingenieure den „Saab-Umkreis“ verlassen. Wie lange diese „Saab-Treue“ jedoch bei den Ingenieuren anhalten wird, ist unsicher. Youngman möchte daher verständlicherweise schnell den Zuschlag erhalten und drängt auf eine Entscheidung der Insolvenzverwalter.

Auf der einen Seite macht dies aus meiner Sicht Sinn, da es jeden Tag schwieriger und teurer wird, Saab wiederzubeleben. Auf der anderen Seite muss der Verkauf aber ordentlich und zukunftssicher vonstatten gehen. Insofern ist es mir lieber, dass die Insolvenzverwalter sich ein paar Tage mehr Zeit nehmen, um alle Gebote genau zu prüfen und dann wasserdichte Verträge abschließen.

Auch Victor Mullers Saab 9-5 wird verkauft. Den Dienstwagen, den Victor Muller (im Bild links) im Jahr 2010 als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender gefahren hat, wurde von den Insolvenzverwaltern zusammen mit anderen Dienstfahrzeugen an einen Saab-Händler in Uppsala verkauft. Der 9-5 2.8T ist mit allen möglichen Zusatzausstattungen ausgerüstet. Der Kaufpreis beträgt jetzt 328.800 SEK, umgerechnet ca. 37.000 Euro.

Victor Muller wird den Verlust seines Dienstwagens verschmerzen können. Muller hat aber ein richtiges Problem. Die Holding SWAN, deren Vorstandsvorsitzender er ja noch ist, hatte neben Saab auch noch die Autofirma Spyker im Angebot. Zunächst war Wladimir Antonows CCP-Holding als Käufer im Gespräch, im Herbst 2011 dann der amerikanische Investor North Street Capital. North Street wollte Spyker für 32 Mio. Euro kaufen. Muller hat jetzt mitgeteilt, dass sich dieser Kauf zerschlagen hat, da „North Street nicht echt“ sei. North Street hat offensichtlich kein Geld vorweisen können. North Street sollte im Herbst als „Plan B“ auch Retter von Saab werden. Dazu wollte North Street einen Betrag von insgesamt 50 Mio. Euro investieren. Auch behauptete damals North Street, die Mittel für eine Übernahme von Saab zu besitzen. Wenn es jetzt aber schon an 32 Mio. Euro scheitert muss man froh sein, dass die Verhandlungen mit North Street damals nicht weiter gediehen sind. Muller muss nun weiter sich umschauen, wie er die SWAN-Holding erhalten kann. Neben dem Verkauf der defizitären Spyker-Sparte könnte nach seiner Ansicht auch Zukäufe die Lösung für SWAN bringen. Aber dazu benötigt man natürlich finanzielle Mittel…

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Eine Antwort zu Saab, Youngman, Spyker und Victor Mullers Dienstwagen

  1. blueperformance schreibt:

    North Street kam mir damals vor wie ein Konstrukt zur Beruhigung und Druckmittel gegenüber Youngman, bzw. als Verschleierung der wirklichen Geldherkunft. Es zeigt einfach mehr, dass Victor Muller und sein Team einfache Regeln in der Verhandlung/ Prüfung nicht beachtet haben und selber das Problem waren, dass Investoren nicht investiert haben.

    Zu den Abgängen bei Saab: Die besten und flexiblen Mitarbeiter gehen zuerst. Es wird sich zeigen ob die Keyfunktionen noch da sind. LeanNova, Nio Technologies, Vicura, Semcon leben auch nicht von Luft und Liebe. Man möchte am Ende des Tages etwas verdienen. Outgesourcter Betrieb/ Entwicklung ist nie günstiger. Contracting, Qualitätskontrolle, evtl. Partnerwechsel kosten auch Geld.

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