Nach diesen katastrophalen Tagen und dem jetzt eingeleiteten Insolvenzverfahren bei Saab haben mich einige Emails erreicht, wie es mit Saab weitergeht und welche Konsequenzen auf die Saab-Fahrer zukommen. Ich versuche mal – soweit es mir möglich ist – ein paar Antworten auf diese Fragen zu geben. Achtung, es wird ein sehr ausführlicher Artikel.
Was passiert jetzt im Insolvenzverfahren?
Das Amtsgericht Vänersborg hat auf Antrag von Saab am Montag Abend das Insolvenzverfahren eröffnet. Auch hat das Amtsgericht zwei Insolvenzverwalter bestimmt, die Rechtsanwälte Hans Bergqvist und Anne-Marie Pouteaux. Diese werden die Führung bei Saab ähnlich der Rolle des bisherigen Administrators übernehmen.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gibt es für Saab weiterhin Gläubigerschutz. Dies bedeutet, dass Vollstreckungs- oder Verwertungsmaßnahmen aufgrund von Pfändungen nicht möglich sind.
Das Insolvenzverfahren ist noch nicht das Ende von Saab. Trotz der angespannten und schwierigen Situation sind weiterhin mehrere Unternehmen an Saab interessiert. Insbesonders haben sich Unternehmen aus der Türkei und aus Asien sofort gemeldet. Youngman ist weiterhin stark an Saab interessiert und will alles außer den GM-Lizenzen kaufen.
Auch ist es die Aufgabe eines Insolvenzverwalters, den Fortbestand des Unternehmens zu ermöglichen. Dies würde dann über einen erfolgreichen Verkauf des Gesamtunternehmens Saab an einen Investor geschehen. Erst wenn dies nicht möglich ist, wird der Verwalter die vorhandenen Vermögenswerte einzeln verkaufen und das Unternehmen liquidieren. Ergebnis des Abschlusses des Insolvenzverfahrens ist auch immer eine Schuldenbefreiung. Die Gläubiger werden aus dem Verkaufserlös anteilig nach einer bestimmten Reihenfolge (z.B. Pfändungsgläubiger zuerst) befriedigt, die übrigbleibenden Schulden werden „gelöscht“. Saab könnte bei einem erfolgreichen Verkauf also schuldenfrei und insbesondere ohne EIB-Darlehen weitermachen.
Sollte ein Verkauf von Saab als ganzes nicht möglich sein, müssten die Vermögenswerte einzeln verkauft werden und das Unternehmen würde danach liquidiert. Eine solche Zerschlagung der Saab Automobile AB wäre allerdings definitiv das Ende der Automarke Saab. Die Rechte an der Marke Saab liegen beim Rüstungskonzern Saab AB und können nicht vom Insolvenzverwalter einzeln weiterverkauft werden. Die Saab Automobile AB darf die Markenrechte unbegrenzt nutzen, solange die Firma existiert. Bei einer Zerschlagung der Saab Automobile AB fallen die Markenrechte automatisch an die Saab AB zurück. Die Saab AB hat vor einigen Wochen angekündigt, in diesem Fall die Markenrechte nicht einem anderen Automobilhersteller wieder zur Verfügung stellen zu wollen.
Was passiert mit den Saab-Mitarbeitern?
Gerade die Saab-Mitarbeiter sind Leittragende der aktuellen Situation. Sollte Saab erfolgreich aus der Insolvenz übernommen werden, dann könnten auch viele Mitarbeiter übernommen werden. Allerdings haben die potentiellen Investoren bereits angekündigt, dass man die Mitarbeiterzahl reduzieren wird.
Da in Trollhättan und in der Region Västra Götaland eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit herrscht, wird es für die ca. 3.500 Saab-Mitarbeiter und die wohl weiteren 8.500 betroffenen Mitarbeiter bei den Zulieferfirmen schwierig werden, schnell neue Jobs zu finden. Die großen Firmen bauen weiter Arbeitsplätze ab. Selbst Volvo schließt das Werk, in dem das Cabrio C70 gebaut wird. Die besten Aussichten haben noch die Ingenieure. Sie sind gefragt, haben beste Referenzen und könnten zum Beispiel bei Volvo unterkommen. Für den einfachen Arbeiter sind die Aussichten aber mehr als düster.
Die Zahl von 12.000 gefährdeten Arbeitsplätzen mag für deutsche Ohren nicht sonderlich hoch sich anhören. Abgesehen davon , dass selbst ein verlorener Arbeitsplatz zu viel ist muss man die schwedischen Verhältnisse auf die deutschen umrechnen. Ins Verhältnis gesetzt ginge es in Deutschland um ca. 96.000 Arbeitsplätze. Da wird einem dann richtig schlecht, wenn man am die Auswirkungen denkt.
Zumindest sind die Löhne der nächsten Monate durch das Insolvenzverfahren über die staatliche Lohngarantie gesichert. Zur Zeit bemüht man sich, die ausstehenden Novemberlöhne noch vor Weihnachten auszuzahlen. Zwischenzeitlich wurden die November-Löhne noch vor Weihnachten ausbezahlt.
Was passiert mit dem Saab-Museum in Trollhättan?
Das Saab-Museum in Trollhättan gehört Saab. Deshalb war es Teil der Vollstreckungsmaßnahmen der Kronofogden im Herbst 2011. Zur Zeit klebt an den Ausstellungsstücken im Museum das Pfandsiegel des schwedischen Staates. Dies bedeutet, dass die Kronofogden diese Fahrzeuge verwerten kann, z.B. durch einen freihändigen Verkauf oder durch eine Versteigerung der einzelnen Museumsfahrzeuge. Die Fahrzeuge im Museum fallen jedoch während des Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse. Während des Insolvenzverfahrens sind Vollstreckungs- oder Verwertungsmaßnahmen verboten. Dies bedeutet, dass während des Insolvenzverfahrens dem Museum keine Gefahr droht.
Dies kann aber mit Abschluss des Insolvenzverfahrens anders werden. Es gibt zwei Möglichkeiten. Bei einem erfolgreichen Abschluss des Insolvenzverfahrens würde Saab im ganzen an einen Investor verkauft. Es kommt es zu einem Schuldenerlass. Damit würden auch die Pfändungen der Museumsfahrzeuge durch die Kronofogden gegenstandslos werden. Das Saab-Museum wäre gerettet, wenn der neue Eigentümer es weiterführen würde.
Bei einem erfolglosen Abschluss des Insolvenzverfahrens würden die einzelnen Vermögensgegenstände von Saab verkauft und die Firma wird liquidiert. Der Erlös der Gegenstände, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits gepfändet waren, würde nicht in den Insolvenzmasse, sondern den jeweilighen Pfändungsgläubigern zufließen. In diesem Fall müsste der Insolvenzverwalter also die Fahrzeuge einzeln oder als ganze Sammlung an den meistbietenden verkaufen.
In diesem Fall könnten „interessierte Kreise“ das Museum als ganzes kaufen und weiterbetreiben. Allerdings hat die Stadt Trollhättan einen Kauf bereits abgelehnt. Sie kann die Unterhaltskosten von ca. 600.000 Euro im Jahr nicht tragen. Dies ist verständlich. Die Stadt ist arm und hat bereits jetzt mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Jetzt kommen nochj mehr Arbeitslose hinzu und eine Unterstützung der schwedischen Regierung ist nicht in Sicht. Vielleicht kommt bei einer Liquidation eine Stiftung zur Rettung des Museums zustande, für die auch die Saab-Freunde weltweit Geld für den Erhalt der Sammlung spenden könnten.
Was passiert mit der Neuwagengarantie?
Sämtliche Ansprüche gegen Saab können im Insolvenzverfahren nicht vollstreckt werden und erlöschen beim Abschluss des Verfahrens. Dies bedeutet leider, dass die Neuwagengarantie, die ja nicht von den Saab-Händlern sondern von Saab selbst gegeben wurde, keine Wirkung mehr hat. Garantieansprüche gegen Saab können nicht mehr geltend gemacht werden und erlöschen nach Ende des Insolvenzverfahrens.
Vielleicht ist es den Händlern möglich, für die noch bestehenden Neuwagengarantien eine eigene Garantieversicherung bei einem Versicherungsunternehmen abzuschließen. Dies haben zum Beispiel die Rover-Händler in Deutschland nach der Rover-Insolvenz im April 2005 getan. Dies wäre allerdings reine Kulanz der Händler und ist natürlich mit zusätzlichen Kosten für die schon darbenden Händlern verbunden. Andernfalls müsste sich jede Neuwagenkäufer selbst auf eigene Kosten um eine eigene Anschlussgarantie bei einer Versicherung bemühen.
Update:
Die schwedischen Saab-Händler haben zwischenzeitlich eine Garantieversicherung für ihre Neuwagenkäufer abgeschlossen. Auch hat sich im Frühjahr 2010 GM gegenüber Spyker/SWAN vertraglich verpflichtet, alle Garantieansprüche für Saab-Neufahrzeuge, die bis Februar 2010 verkauft wurden, zu übernehmen. Betroffen von der Garantieproblematik sind also zunächst nur Neufahrzeuge, die ab Februar 2010 verkauft wurden. Hoffentlich hält sich GM auch an diese vertragliche Verpflichtung. Bei solchen unseriösen Geschäftspartnern wie GM kann man ja nie sicher sein.
Wie sieht es mit der Ersatzteilversorgung aus?
Zur Zeit gibt es Probleme mit den Ersatzteilen für die aktuellen Modelle. Dies liegt daran, dass diese Ersatzteile von den Zulieferfirmen direkt bezogen werden. Mit dem Produktionsstopp Ende März 2011 wurden dann auch diese Ersatzteil-Lieferungen von den Zulieferfirmen teilweise eingestellt.
Grundsätzlich produziert die eigenständige Saab-Tochter Saab Parts die Ersatzteile für ältere Modelle. Saab Parts ist gewinnbringend und produziert weiterhin Ersatzteile. Saab Parts ist deshalb nicht Teil des Insolvenzverfahrens.
Bei einem erfolgreichen Verkauf von Saab würde natürlich auch Saab Parts an den neuen Investor gehen und dann weiterproduzieren. Auch bei einem Ende von Saab dürfte sich aufgrund des lukrativen Ersatzteilegeschäfts sehr schnell ein Investor finden, der Saab Parts weiterführt und weiter Ersatzteile produziert.
Zwischenzeitlich gibt es auch schon Meldungen, wonach Drittanbieter mit der Produktion von Saab-Teilen begonnen haben. Auch die Volvo-Mutter Geely hat vor einigen Wochen bekundet, dass man starkes Interesse an einzelnen Saab-Teilen hat. Darunter war auch die Ersatzteilversorgung. Da der Ersatzteilemarkt sehr lukrativ ist, dürfte es nach anfänglichen Schwierigkeiten zu keinen nennenswerten Versorgungsproblemen kommen. Auch bei Rover sind noch heute ca. 99% aller Ersatzteile erhältlich.
Hierzu auch ein Interview mit Saab-Deutschland Chef Jan-Philipp Schuhmacher in der Autogazette.
Was passiert mit den Saab-Händler? Gibt es dann überhaupt noch Werkstätten für Saab?
Dies stellt in der Tat ein Problem dar. Sollte Saab erfolgreich verkauft werden, könnte das Händlernetz zumindest in den Grundzügen erhalten werden, wenn in absehbarer Zeit neue Fahrzeuge auf den Markt kommen. Allerdings haben alle Händler eine schwere Zeit hinter sich, so dass es fraglich ist, ob sie eine weitere „Trockenphase“ aushalten können oder wollen. Insbesondere Mehrmarkenhändler werden vermutlich sehr schnell Saab aufgeben. Wir müssen also so oder so mit weniger Händlern/Werkstätten rechnen.
Da jedoch die Ausstattung zur Wartung und Reparatur von Saab-Farzeugen bei jedem Händler schon vorhanden ist, werden viele Händler die Wartung von Saab-Fahrzeugen weiter übernehmen. Zusätzlich könnte es auch neue freie Werkstätten geben, die sich auf die freiwerdenden Kunden von Saab spezialisieren. Wenn man wieder Rover als Beispiel heranzieht, so hat sich die Händlersituation nach der Insolvenz 2005 fast verbessert. Zwar haben viele Mehrmarkenhändler Rover aufgegeben und haben auch keinen Werkstattservice mehr angeboten. Jedoch sind viele freie Werkstätten dazugekommen, häufig geführt von ehemaligen Rover-Werkstattmitarbeitern.
Meine Gedanken sind jedoch im besonderen bei den Saab-„Einzelhändlern“. Oft sind diese Einzelhändler die treusten Saab-Unterstützer und bieten häufig die besten Leistungen. Sie werden besonders hart von der Situation getroffen und können nicht so einfach auf eine andere Marke ausweichen.
Als ganz großer Saab Fan bete ich für den Erhalt dieser ganz besonderen Automarke.
Ich würde mich freuen wenn Sie mich regelmäßig auf dem laufenden halten.
Danke und viel viel Erfolg
Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, daß es die
Marke nicht mehr gibt! Technologie wurde rausgelutscht und dann
weg damit…danke!
Mein 20 Jahre alter 900er bekommt trotzdem bald Zuwachs..pfeif drauf!!
SAAB 4 EVER!!
Bruno De vito
In futuro una soluzione si troverä sicuramente avete fiducia in saab EVVIVA SAAB