Saab – Rückblick auf ein Jahr in der Insolvenz

Genau heute vor einem Jahr, am 19. Dezember 2011, musste Victor Muller als Vorstandsvorsitzender der Saab Automobile AB, beim Amtsgericht in Vänersborg einen Insolvenzantrag für Saab und zwei Tochterfirmen stellen. Aufgrund der wohl rechtswidrigen Weigerung von GM, die dringend notwendigen Fahrzeuglizenzen weiter zu erteilen, war der Einstieg des chinesischen Investors Youngman endgültig gescheitert. Zwar ging es im Dezember 2011 gar nicht mehr darum, dass Youngman direkt Anteile an Saab erwirbt. Trotzdem weigerte sich GM unter Bruch der vorliegenden Verträge mit der Saab-Mutter Spyker bzw. damals Swedish Automobile, Fahrzeugteile zukünftig an Saab zu liefern und kündigte weiterhin an, die Lizenzen für die Saab-Modelle 9-5II und 9-4X nicht mehr zu erteilen.

Dies war kurz dargestellt der Stand Ende 2011. Das traurigste Kapitel in der Geschichte von Saab Automobile begann. Eigentlich sah es zunächst gar nicht so schlimm aus. Es gab auch im Insolvenzverfahren einige interessante und solvente Bieter wie Youngman, den indischen Hersteller Mahinindra und die türkische Investorengruppe Brightwell. Nur den von einigen ins Spiel gebrachten Investor BMW gab es tatsächlich nie. Doch GM verweigerte weiterhin allen Bietern die Lizenzen. GM versuchte zwar der Öffentlichkeit weißzumachen, dass man keine Technologie nach China transferieren wolle. Doch auch der türkische Bieter Brightwell, der über keine Verbindungen nach China verfügte, wurde von GM hingehalten, nach eigener Aussage getäuscht und verließ schließlich das Bieterverfahren.

Am Schluss blieben Youngman und ein zunächst chinesisch-japanisches Konsortium mit dem schönen Namen NEVS übrig. Nach einem unverständlich quälend langem Auswahlprozess entschieden sich die Insolvenzverwalter, nachdem sie zuvor viele auch historisch wichtige Vermögensteile von Saab – wie zum Beispiel das Saab-Museum – verkauft hatten, für den im Automobilgeschäft unbekannten Bieter NEVS. Der NEVS-Chef, Kai Johan Jiang, hatte jedoch kein Interesse an Saab Parts. Die gewinnbringende Saab-Tochter wurde schlussendlich von der schwedischen Regierung verstaatlicht.

Wie es weiterging, konnte jeder hier im Blog mitverfolgen. NEVS gab erste Planungen bekannt. Das Erschrecken war bei den meisten Saab-Fans groß. Zukünftig sollten nur Elektrofahrzeuge hauptsächlich für den chinesischen Markt produziert werden. Beginnen wollte NEVS mit dem EV1 auf Basis des Saab 9-3II. In den nächsten 6 Monaten passierte bei NEVS kaum etwas. NEVS durfte den Saab-Namen weiterverwenden, jedoch nicht das bisherige Saab-Logo.

Aber Saab-Werte waren und sind bei NEVS nicht wirklich gefragt. NEVS hat ein paar wenige Mitarbeiter – ganz überwiegend Führungspersonal – eingestellt. Ansonsten kündigte NEVS an, die Aufnahme Produktion des Saab 9-3II prüfen zu wollen. Ein kleiner Teil der Fabrik in Trollhättan wurde an Saab Parts für die Ersatzteilherstellung vermietet. Ansonsten sieht es eher Trist in der alten Saab-Fabrik aus: 84 unvollendete Fahrzeuge stehen weiterhin auf den verwaisten Bändern. Diese letzten Saab-Fahrzeuge konnte wohl nicht mehr von ANA komplettiert werden und dürften wohl irgendwann verschrottet werden.

So arbeitet zumindest eine kleine Anzahl von Mitarbeitern wieder in der Produktion. Nachdem Saab Parts zunächst das Lager mit Karosserieteilen für den 9-5II aufgefüllt hat, hat man jetzt gerade auf die Produktion von Karosserieteilen für den Saab 9-3II umgestellt.

Bei NEVS sind zur Zeit ca. 100 Mitarbeiter tätig. Es wird wohl wieder im Werk auch von NEVS-Mitarbeitern gearbeitet. NEVS glaubt an große Marktchancen des EV1 und der weiteren geplanten Elektrofahrzeuge. Aber diese wenigen Mitarbeiter, viele davon stammen von Saab, bringen noch nicht wirklich Leben in die Fabrik, wo zuletzt 3.500 Menschen gearbeitet haben. Viele der Saab-Mitarbeiter sind weiterhin arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit in Trollhättan erreichte im Januar 2012 einen Höchststand von 21% und ist weiterhin sehr hoch. Mit Hilfe von Geldern der EU und natürlich aufgrund von Eigeninitiative konnten einige Saab-Arbeiter danach wieder Jobs finden. Einige sind bei Volvo untergekommen. Jedoch sieht die wirtschaftliche Entwicklung in Schweden zur Zeit nicht gut aus. Volvo will nächstes Jahr Arbeitsplätze abbauen. Das wird dann die neuesten Volvo-Mitarbeiter treffen – also die ehemaligen Saab-Arbeiter.

Die Vorweihnachtszeit 2011 war für die Saab-Mitarbeiter und die Saab-Fans keine gute Zeit. Im Verlauf des Jahres 2012 hat sich einiges getan, aber eine wirklich positive Entwicklung kann ich bei NEVS bisher nicht ausmachen. Vielleicht wird ja die Vorweihnachtszeit 2013 im Hinblick auf Saab besser. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben und zwischenzeitlich können wir uns ja immerhin an unseren Fahrzeugen erfreuen!

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