Der Bericht der Insolvenzverwalter

Bis zum 19. November sollten die Insolvenzverwalter ursprünglich ihren Bericht dem Insolvenzgericht in Vänersborg vorlegen. Aufgrund von weiterem Abstimmungsbedarf hatten die Verwalter eine Fristverlängerung bis zum 30. November 2012 beantragt und erhalten. Nachdem der schwedischen Presse der 50-seitige Bericht bereits vorgestern vorlag, hat das Insolvenzgericht in Vänersborg gestern um 11 Uhr den Bericht der Insolvenzverwalter erhalten.

In der Presse schlägt dieser Bericht schon einige Wellen. Interessant war für die schwedische Presse zunächst nämlich die im Bericht genannten möglichen Rückforderungsansprüche. Da ging es um 3,1 Mio. Euro gegen GM und um 900.000 Euro gegen Victor Muller. Dagegen sind Ansprüche in Höhe von 600.000 Euro gegen den früheren Saab-Administrator Guy Lofalk wieder aus dem Bericht gestrichen worden. Dies ist zwar ein pikantes Detail, aber insgesamt hat sich die Presse eher mit diesen Nebensächlichkeiten aufgehalten.

Diese Forderungen beruhen nämlich auf der Annahme, dass Saab schon im April 2011 zahlungsunfähig war. Es ist allerdings mehr als fraglich, ob im rechtlichen Sinne schon im April 2011 bei Saab eine Zahlungsunfähigkeit vorlag. Daher haben sich in Schweden schon einige Insolvenzexperten zu Wort gemeldet, die die Rechtsauffassung der Insolvenzverwalter anzweifeln. Aber dies ist alles ein Nebenkriegsschauplatz, denn hier geht es nur um eine relativ geringe Summe, die nur den Insolvenzverwaltern zugute kommt. Die Zulieferer oder ehemaligen Mitarbeiter von Saab werden nichts davon haben.

Victor Müller hat der Darstellung über die Zahlungsunfähigkeit im Aprill 2011 ebenfalls widersprochen. Auch viele ehemalige leitende Saab-Angestellten wie Jan Åke Jonsson, Chefjuristin Kristina Geers, aber auch die leitenden Gewerkschaftsführer der Gewerkschaft IF Metall und Unionen, Håkan Skött und Anette Hellgren, sind mit der Ansicht der Insolvenzverwalter nicht einverstanden. Aber ihre Meinung wurde von den Insolvenzverwaltern nicht beachtet.

Aber es gibt auch einige weitere interessante Details im Bericht der Insolvenzverwalter, über die die schwedische Presse heute berichtet. Der Bericht beschreibt nämlich die Aktivitäten von Saab unter Spyker ab der Übernahme von GM. Spyker hatte den alten Königsegg-Businessplan übernommen, der von 64.000 verkauften Fahrzeugen im Jahr 2010 ausging. Dies war ein Fehler. Aber auch die Weiternutzung des GM-Vertriebsnetzes war problematisch. Der damalige Vorstandsvorsitzende Jan Åke Jonsson berichtete im Frühjahr 2011, dass die GM-Händler im Jahr 2010 desinteressiert und teilweise destruktiv gegenüber Saab gehandelt hätten.

Aber auch die Ursache des Produktionsstopps Ende März/Anfang April war eine andere als bisher vermutet. Denn nicht die kleineren Zulieferfirmen haben zunächst die Teilelieferungen eingestellt, sondern GM selbst! Saab hatte im Frühjahr 2011 aufgrund der schleppenden Verkäufe Zahlungsrückstände bei GM aufgebaut. Im Februar 2011 schuldete Saab GM insgesamt 25 Mio. Euro. Am 10. Februar 2011 verhandelten Victor Muller und der Saab-Finanzchef Robert Schuyt in Detroit mit den Amerikanern. GM hatte sich bislang großzügig gezeigt. Aber bei einer internen GM-Sitzung am 24. Februar 2011 wurde beschlossen, Saab nur noch gegen Vorauszahlungen zu beliefern. Dies überraschte die Saab-Führung sehr. Am 1. März stellten die europäischen GM-Töchter alle Lieferungen an Saab ein.

Am 2. März gab es eine Dringlichkeitssitzung bei Saab und Anfang März schaffte es die Saab-Führung GM davon zu überzeugen, Saab wieder zu beliefern. Die Altschulden wurden bis Mai gestundet und Saab sollte die aktuellen Lieferungen am 7. jeden Monats sofort begleichen. Gleichzeitig wurde Stillschweigen über den Lieferstopp vereinbart, um andere Zulieferer nicht zu beunruhigen.

Aber es half nichts! Der vorübergehende Lieferstopp von GM sprach sich herum und die nervösen Anfragen der Zulieferer bei Saab häuften sich. Die Bedrohung durch GM war zunächst ausgeschaltet worden, aber bis Ende März 2011 hatte Saab neben den GM-Schulden Zahlungsrückstände bei den Zulieferen in Höhe von ca. 40 Mio. Euro aufgebaut.

Daraufhin stellte Ende März die Transportfirma DB Schenker die Lieferung von Teilen für die Saab-Produktion ein. Aufgrund des Ausfalls der Teilelieferungen konnte Saab bis zum 4. April 2011 insgesamt 400 bereits bestellte Fahrzeuge nicht produzieren. Eine Besserung der Lage war kurzfristig nicht in Sicht. Das Saab-Management beschloss deshalb, am 6. April 2011 die Produktion zunächst einzustellen und eine Finanzierung über den Einstieg des russischen Investors Wladimir Antonow und die dazu notwendige Genehmigung der EIB zu erreichen.

Die Lieferantenschulden waren zu diesem Zeitpunkt auf 50 Mio. Euro ohne die Schulden bei GM angestiegen. Doch ohne verkaufte Fahrzeuge stiegen die Schulden trotz verbessertem Auftragseingang rapide an, da ja keine Einnahmen mehr zu verzeichnen waren. Mitte Mai 2011 betrugen die Rückstände insgesamt schon ca. 160 Mio. Euro. Zwar konnte sich Saab noch mit einigen Zulieferen einigen. Doch da nicht alle Zulieferer sich einigen wollten, musste Saab die am  26. Mai aufgenommene Produktion bereits wieder am 9. Juni 2011 einstellen. Der weitere Ausgang der Geschichte ist bekannt.

Soviel zum Bericht der Insolvenzverwalter. Auch wenn die interessanten Hintergründe der Saab-Insolvenz unaufgeklärt bleiben, gibt es im Bericht neben etwas fragwürdigen rechtlichen Wertungen – die wohl zu nichts führen werden – zumindest neue Einblicke, wie der Produktionsstopp im Frühjahr 2011 bei Saab zustande kam. Eigentlich hatte Saab im Frühjahr 2011 keine hohen Rückstände. Hätte man sich zeitnah mit allen Gläubigern einigen können – z.B. auf der Basis der vorgeschlagenen 10%-Zahlung, dann hätte man den Produktionsstopp mit einem recht geringen finanziellen Aufwand beenden können. Doch der Einstieg von Wladimir Antonow wurde von der EIB und der schwedischen Regierung torpediert und schlussendlich verhindert. Dies steht natürlich nicht im Bericht der Insolvenzverwalter. Aber Saab hatte zu lange auf die EIB und die Regierung gesetzt. Zwischenzeitlich waren die Rückstände aufgrund des Produktionsstopps so hoch geworden, dass man sich nur noch über einen schnellen Einstieg eines wirklich zahlungskräftigen Investors hätte retten können – aber ein schneller Einstieg war für die chinesischen Investoren Youngman und Pang Da nicht möglich und wurde letztendlich von GM über die Lizenzfrage verhindert.

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16 Antworten zu Der Bericht der Insolvenzverwalter

  1. Herbert Hürsch schreibt:

    Vielen Dank für den Bericht, Tauenzien.

    Alles in allem klingt der Bericht der Insolvenzverwalter für mich plausibel und auch erschreckend banal …

    Genau so ereignen sich Insolvenzen nun mal. Jeder Gläubiger und Zulieferer kann mit Fug und Recht die Notbremse ziehen, um sich vor weiteren, plausibel prognostizierbaren Verlusten zu schützen.
    Auf der simplen Basis und Faktenlage von Produktionskosten/Auftragslage einerseits und den bereits angehäuften Schulden andererseits hatte Saab schlicht und einfach denkbar schlechte Karten.

    „400 bestellte Fahrzeuge“ erübrigen wohl jegliche Verschwörungstheorie.

    • tauentzien schreibt:

      Was 400 bestellte Fahrzeuge mit einer Verschwörungstheorie zu tun haben sollen, ist für mich jetzt nicht nachvollziehbar.

      Die 400 Fahrzeuge waren „lediglich“ der Ausfall aufgrund der Produktionsstörungen Ende März/Anfang April. Es sind damit nicht die insgesamt vorliegenden Bestellungen gemeint (im März 2011 gingen alleine über 12.000 Bestellungen bei Saab ein). Übrigens bedeutete der Ausfall von 400 ausgelieferten Fahrzeugen für Saab einen Einnahmeverlust von ca. 10 Mio. Euro – also von alleine ca. 20% der damaligen Schulden!

      • Herbert Hürsch schreibt:

        Tut mir Leid, aber ich kann nicht folgen.

        1. habe ich dir nicht unterstellt, ein Anhänger von Verschwörungstheorien zu sein und 2. liegt es nicht an mir, wenn keine Ordnung in die Faktenlage kommen will …

        Nur Gewinne können tilgen. Kaufmännisch ist es unseriös, Einnahmen (völlig irrelevant) den Schulden gegenüber zu stellen. Was soll das?
        Selbst einem gesunden Autobauer bringen seine Fahrzeuge je Einheit nur ein paar Prozent Gewinn am EK der Händler. Wenn 400 Fahrzeuge auch nur 2% der Schulden Saabs hätten abwerfen sollen, hätte Saab vor Gesundheit nur so strotzen müssen (mit 10% Gewinn an jedem produzierten Saab).

        Das Beste, was VM seinen Gläubigern vielleicht hätte versprechen können, wäre wohl eher eine „Reduzierung der Neuverschuldung“ gewesen (wenn man sich aber das Schuldenwachstum allein zwischen März und Mai anguckt, war Saab vermutlich auch davon weit entfernt).

        In der freien Wirtschaft, die nur Gewinne und Verluste kennt, ist so was (Reduzierung der Neuverschuldung) ganz schnell eine Bankrotterklärung. Für Staaten früher oder später übrigens auch, aber das ist hier nicht das Thema, sondern ein ehedem sehr außergewöhnlicher und von mir hochgradig geschätzter Autohersteller und seine
        ganz enttäuschend plausible und banale Insolvenz.

        VM hätte seine Investoren schon zu Beginn der Übernahme gebraucht. Der ganze Businessplan war offenbar unfassbar optimistisch gerechnet – ein einziges best possible case scenario, ein Traum, aus dem er viel zu spät erwacht ist. VM hat ’s verbockt.

        Königsegg können jetzt dankbar sein, dass dieser Kelch an ihnen vorüberging. Und Schweden hat noch immer einen echt schwedischen Autobauer.

        • tauentzien schreibt:

          Äh, also mir ging es nur um den letzten Satz im ersten Kommentar. Und der ist für mich immer noch nicht verständlich. Übrigens habe ich nicht behauptet, dass Du mich für einen Anhänger von Verschwörungstheorien hälts. Ich verstehe einfach den Satz nicht.

          Und natürlich geht es in der freien Wirtschaft auch um Einnahmen. Saab hatte im Frühjahr 2011 zunächst kein Schulden-Problem, sondern ein Cash-flow Problem. Die absoluten Schulden waren zunächst recht gering, aber es gab zu wenig Einnahmen, um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten. Und da kann schon der Wegfall von 10 Mio. Euro (20% der damaligen Schulden!) Einnahmen in einem Monat problematisch werden. Man muss ja sehen, dass die meisten Teile da waren, aber die Autos aufgrund der restlichen fehlendenTeile nicht fertiggestellt werden konnten. D.h. natürlich, dass Saab Schulden machte – also weiter aufbaute. Saab war jedoch auf dem Weg der Besserung, aber nicht schnell genug. Logisch ist, dass die finanziellen Mittel von Spyker nicht ausreichten, um diese Durststrecke zu überwinden. Daher wollte man ja Antonow mit ins Boot holen. Und dass nach dem Produktionsstopp die Schulden explodierten, ist mehr als logisch, da ja überhaupt keine Einnahmen den laufenden Ausgaben mehr gegenüberstehen.

        • Detlef Rudolf schreibt:

          Von banaler Insolvenz kann hier überhaupt keine Rede sein – man darf insbesondere die „Methoden“ der Versager-Mutter nicht übersehen und immer wieder nur auf VM herumhacken.

          GM ist und bleibt der eigentlich Hauptschuldige – die haben Jahre lang nicht wirklich etwas auf die Reihe gebracht und letztendlich, wie jetzt immer deutlicher wird, sämtliche Rettungsversuche sogar noch torpediert! Wie man da alle Schuld auf VM schieben kann, ist mir unerklärlich. Die Reihenfolge der Schuldigen kann eigentlich nach GM nur mit Lofalk und der schwedischen Regierung fortgesetzt werden – wir wissen doch zwischenzeitlich, was die alles „verbockt“ haben!

          Letztendlich gefällt mir die Auswahl, die durch Bergqvist + Co. auf NEVS (oder besser NERV) gefallen ist, auch nicht. Bisher gibt es dort bekanntlich nur heiße Luft.

          Man sollte doch bei den Fakten bleiben und nicht immer nur VM die Schuld geben – was soll damit eigentlich bezweckt werden?

        • Herbert Hürsch schreibt:

          „Wie man da alle Schuld auf VM schieben kann, ist mir unerklärlich.“

          Das macht ja auch niemand. VM hat es immerhin versucht und schon allein dafür meine Sympathie und meinen Respekt.

          Allerdings ist sein Engagement wohl so einzustufen, dass sich da jemand ganz gründlich verschätzt hat und mit ’ner Gießkanne (und ohne Helfer) viel zu spät zu einem (Groß-) Brand kam. Er selbst sagt ja, dass ihm mit der Zeit bewusst wurde, von Anfang an keine Chance gehabt zu haben.

          Dass Saab binnen zwei Monaten (allein von Mitte März bis Mitte Mai 2011) 120 Mio Euro NEUE Schulden aufbaute, sagt einiges über den Finanzbedarf und laufende Kosten aus.
          Ohne adäquate Bestellungen für 2011, handelt es sich um eine ganz banale Insolvenz.

          Ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren, habe aber in dieser Richtung noch nichts überzeugendes gelesen.

          Dass GM mit der Vorgeschichte diesen Verlauf der VM-Phase vorgezeichnet und mit zu verantworten hat, steht auf einem ganz anderen Blatt.

          Schönen 1. Advent

          P.S.
          „Man sollte doch bei den Fakten bleiben (…)“

          Ja, gerne lieber Detlef,
          wenn du zuverlässige Zahlen hast, dann immer her damit. Nur zu.

  2. tauentzien schreibt:

    Dass ab dem Produktionsstopp die Schulden explodierten, ist völlig normal. Der Rohgewinn je Fahrzeug war auch bei Saab ziemlich hoch (aufgrund der geringen Stückzahlen aber nicht hoch genug), wenn der entfällt, sieht es gleich bitter aus. Da kann dann im Monat schon mal eine deutliche zweistellige Mio.-Summe in Euro an Rohgewinn fehlen. Daher ist die Entwicklung der Schulden völlig normal, man daraus nicht den Schluss ziehen, dass es insgesamt schon sehr schlecht stand. Denn grundsätzlich war die Schuldenlast recht gering zum Zeitpunkt des Produktionsstopps.
    Aber sicherlich richtig ist, dass das Investment von Spyker nicht richtig durchfinanziert war. Daher hat man die Durststrecke (die man zusätzlich noch unterschätzt hat) nicht geschafft. Ein Grund ist sicher, dass der Investor Antonow ohne richtigen Grund ausgebootet wurde. Insgesamt ist das sehr schade, denn ich bin der Überzeugung, dass Saab langfristig eine gute Chance gehabt hätte. Im März 2011 zogen die Aufträge richtig an und neue Modelle (9-5II und 9-4X) waren kurz vor der Einführung. Hätte man Antonow oder einen anderen Investor an Bord gehabt, hätte Saab die Durststrecke überstehen können.

    • Herbert Hürsch schreibt:

      „Im März 2011 zogen die Aufträge richtig an (…)“

      Oder ist es so, dass die 12.000 offenen Bestellungen im März bereits das globale und über viele Monate kumulierte Gesamtinteresse an Saabfahrzeugen bildeten? Immerhin haben viele Menschen sehr, sehr lange auf das eine oder andere Modell gewartet.

      „Der Rohgewinn je Fahrzeug war auch bei Saab ziemlich hoch“

      Bei 15 Mio. neuen Schulden wöchentlich (zwischen Mitte März und Mitte Mai) ist das aber keine Antwort. Es bleibt die Frage, in welcher Höhe, in welchem Tempo und wie lange Saab weiter Schulden gemacht hätte (ohne Zulieferstop) – die Insolvenzfrage schlechthin!

      Angesichts solcher Zahlen hätte Saab wohl bis zu 3.000 Fahrzeuge wöchentlich verkaufen müssen, um kostenneutral zu operieren. Da fällt auf, dass die angeblich allein im März erfolgten Bestellungen erstaunlich genau passen. Ein Zufallsprodukt oder eigens herbeikonstruiert und wie beschrieben gesammelt und geschönt, um Argumente („Aufträge ziehen richtig an“) gegenüber Investoren, Gläubigern und Zulieferern zu erhalten?

      Nochmals: Ich lasse mich bezüglich der Banalität dieser Insolvenz gerne eines Besseren belehren, habe aber noch nichts Überzeugendes gelesen.

      Allzu gerne hätte ich als nächstes Auto einen 9-5 II SC gefahren, brauche aber keine Dolchstoßlegenden, um mir den Abschiedsschmerz zu versüßen. So oder so ist dieser Reifen platt.

      • tauentzien schreibt:

        Also „Dolchstoßlegenden“ und „Verschwörungstheorien“ werden hier sicher nicht verfasst und kann ich auch nicht erkennen.

        Im übrigen hast Du ja schon die Anwort von mir ja schon mehrmals erhalten. Saab hatte im März 2011 kein Schulden-Problem, sondern ein Cash-Flow-Problem. Dies führt halt auch irgendwann zur Insolvenz. Das ist sicherlich banal, aber trotzdem hätte dies vermieden werden können. Und es hat, wie einige in anderen Foren religiös verbreiten, keine Verschwörung von VM stattgefunden, der nur Geld aus Saab herausziehen wollte. Gerade der Bericht bestätigt, dass VM keine Straftaten begangen hat.
        Verhindert hätte den Produktionsstopp nur ein besser finanzierten Businessplan und die Unterstützung vieler weiterer Parteien. Und der Goodwill fehlte. Denn mit Antonow wäre der Businessplan von Spyker besser finaziert gewesen. Dies haben aber GM, die EIB und die schwedische Regierung von Anfang an verhindert. Und 25 Mio. Euro sind für GM doch Peanuts. Aber klar ist auch, dass es keinen einzelnen Schuldigen und auch keine Verschwörung gibt. Vielmehr gibt es viele Verantwortliche und diese Beiträge sollte man auch darstellen. Es darf sich jetzt jeders selber aussuchen, wieviel Verantwortung jeder Beteiligte tragen muss. Aber aus meiner Sicht haben die Insolvenzverwalter einige „heiße Eisen“ nicht angefasst und lieber die üblichen Verdächtigen gewählt. Ist vielleicht verständlich.

        Und Deine Ausführungen zu den „konstruierten“ 12.000 Bestellungen kann ich so nicht teilen. Ich halte es für glaubhaft, dass die Bestellungen im März 2011 deutlich angezogen haben. Es gab neue Modelle zu bestellen (z.B. 9-3 Griffin mit deutlich verbrauchsverbesserten Dieselmotoren). Auch war der März in einigen Märkten (z.B. GB) ein traditionell guter Verkaufsmonat, so dass auch der überproportionale Bestelleingang im März sehr glaubhaft ist.

  3. Saab 9-3 schreibt:

    Genau so sehe ich das auch. Leider hat sich VM auch wenn er noch so ein genialer Typ ist, seine Schuhe ein paar Nummern zu gross gekauft. That’s it.
    Es war eigentlich von Anfang an klar, dass eine kleine Firma Namens Spyker mit einer Kleinstserienproduktion von kaum 20 Fahrzeugen im Jahr wohl kaum fähig ist eine derart grosse Firma wie SAAB mit 3500 Mitarbeitern zu übernehmen!
    Verschwörungstheorien, Hauptschuldiger GM etc. ist alles Humbug, basta!
    Dass GM einen Lieferstop nach 25 Mio Euro veranlasste, ist auch nachvollziehbar.
    Sowieso geht das ewige rumgehacke auf GM’s Schultern langsam auf den Nerv, ohne GM wäre schon vor 23 Jahren bei SAAB das Licht aus gewesen!
    Wenn überhaupt jemand Schuld sein soll: Dann wohl zuerst VM, denn mit so einer leeren Geldbörse wie er hatte, sollte man nicht solche Geschäfte angehen. Ihn alleine kann nur die Schuld am Niedergang unserer geliebten Marke SAAB gegeben werden. Denn ab dem 23. Februar 2010 ging alles leider nur noch den Bach runter, auch er hatte scheinbar keinen eigenen Buissnessplan aufgestellt, sondern den bestehenden von Königsegg übernommen.
    Über sein Einkommen, welches er scheinbar nicht mal versteuerte wollen wir erst gar nicht sprechen. Nur soviel dazu:
    Als guter Patron schaut man zuerst auf seine Mitarbeiter und nicht zuerst auf die eigene Hosentasche.

    Als 2. Schuldigen muss man wohl oder Übel die Regierung von Schweden sehen, welche alle Hebel in Bewegung setzte um das Unternehmen SAAB scheitern zu lassen.

    Als 3. Schuldiger müssen wohl die Administratoren genannt werden, welche mit dem neuen Eigentümer NEVS endgültig den letzten Nagel in den Sarg schlugen.

    Und zuguterletzt als 4. Schuldigen kann man dann von GM sprechen, welche aus verständlichen Gründen alle Lizenzen verweigerten, und somit SAAB zu Grabe trugen.

    • Joachim schreibt:

      Hauptschuldiger ist aber eben doch GM! Die haben ganz mit Kalkül VM ausgewählt – in der Annahme, dass SAAB mit dem Mann untergeht und somit dann von der Bildfläche verschwunden ist. Bekanntlich gab es gerade damals eine Vielzahl anderer wesentlich geeigneterer Interessenten für SAAB! Diese wurden als Käufer alle abgewimmelt.

      Deine Feststellung, dass GM nicht Hauptschuldiger ist und alles Humbug wäre, ging leider voll daneben! Auch die Verweigerung von Lizenzen fügt sich hier nahtlos ins Bild!

      Die Feststellung mit der tollen Regierung (2. Schuldiger) geht in Ordnung – bei Nr. 3 sollte man noch abwarten.

  4. Sarg 9-5 II schreibt:

    Hauptschuldiger, Zweitschuldiger u. s. w. – hier ist aber eine interessante Diskussion im Gange.

    Mir stellt sich das alles ziemlich simpel dar. GM hat Saab nie richtig gemocht. Die unliebsame Tochter hat man zu einem Zeitpunkt verstoßen (verkauft), der denkbar ungünstig war. Früher wäre besser gewesen und später auch.
    Wenn man sich aber mal vor Augen führt, was die Automobilbranche eigentlich für ein Swinger Club ist, dann muss man GM zugestehen, dass Saab wohl ein Mauerblümchen war und GM früher auch kein attraktives Angebot von einem der Großen auf den Tisch bekommen hat.

    VM hatte mit seinen Mitteln zwischen den Modellwechseln und Modelleinführungen keine reelle Chance. Das hätte er sich aber auch selber ausrechnen können und müssen. Den Lieferstop kann ich auch nachvollziehen.
    GM hat Saab schließlich nicht verkauft, um weiter Verluste mit Saab zu machen. Die Schulden mögen nach dem Lieferstop explodiert sein, aber von adäquaten Zahlungen (10% ? ? ?) war Saab ja allem Anschein nach so oder so Lichtjahre entfernt. Es ging ja auch nicht nur mit GM so. Zulieferer und Transportunternehmen sind nunmal keine Bank. Letztlich ist es Wurst, ob ein Auto nun deshalb nicht ausgeliefert werden kann, weil gleich der ganze Motor fehlt, ob der Fahrersitz, Reifen oder nur der Zündschlüssel fehlt.
    Wenn es um Saab rosig gestanden hätte, dann hätte VM auf dem internationalen Finanzmarkt Geld bekommen und er hätte sich dort rechtzeitig bemühen müssen. Insofern – so Leid es mir tut – kann ich sogar den Vorwurf einer Insolvenzverschleppung gegen ihn nachvollziehen.

    • Detlef Rudolf schreibt:

      Das es mit einer Insolvenz ausging (evtl. sogar Insolvenzverschleppung) ist Fakt – aber die Ursachen und Gründe für den schleichenden Verfall von SAAB-Automobile und dem damit verbundenen Wunsch, die Tochter abzuschieben, kann man eigentlich nur der Mutter selbst anlasten: Es gab kaum Modellwechsel (meistens nur kleine Änderungen am jeweiligen Design), es wurde kaum Marketing für SAAB betrieben, aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass auch SAAB Deutschland nicht viel drauf hatte. GM ließ insgesamt alles dermaßen schlingern, dass aus der Tochter nie wirklich etwas werden konnte und anders als Jaguar oder Volvo unter Ford bis zum Schluss wohl tatsächlich nur ein „Mauerblümchen“ blieb.

      Wie es dann mit den neuen Modellen einigermaßen hätte klappen können, wurden auch noch die Lizenzen verweigert und Investoren wie beispielsweise Youngman-Lotus hatten endgültig die Nase voll! General Motors hatte schon mit der Wahl von VM und ihren folgenden irgendwie asozialen Verhaltensweisen (Beispiel: Lizenzverweigerung) das sich selbst gesetzte Ziel erreicht, SAAB kräftig zu beschädigen – mit der Randerscheinung, dass auch tausende von Arbeitsplätzen bei SAAB und den Zulieferbetrieben schlagartig weg waren.

      VM war wohl davon ausgegangen, dass GM zumindest etwas Fairness an den Tag legen würde. Wie wir im Nachhinein alle feststellen können, handelt es sich bei GM aber schlicht und einfach nur um einen selbstsüchtigen und irgendwie auch asozialen amerikanischen Großkonzern, der sich zwar mit zig Milliarden Steuergeldern retten ließ, aber nicht mal Lizenzen an einen der kleinsten Autobauer Europas herausgeben mochte – aus Angst vor Konkurrenz in China. Was für ein jämmerlicher Haufen!

      Hoffentlich bekommt NEVS etwas tragfähiges auf die Beine bzw. Räder gestellt – mit möglichst viel Konkurrenz für GM auf dem chinesischen Markt und möglichst auch weltweit!

      • Sarg 9-5 II schreibt:

        Hallo Detlef,

        den ersten Absatz würde ich unterschreiben, dann driftet es immer mehr von meiner Wahrnehmung weg.
        GM hat immer gesagt, dass sie keine Lizenzen an chinesische Konzerne rausrücken würden. Wenn VM oder sonst wer in dieser Richtung verhandelt haben, dann war das eben Zeitverschwendung. Und von NEVS würde ich mir nicht zu viel versprechen.

        Auch glaube ich nicht, dass GM – wie hier schon mehrfach geäußert wurde – Angst vor Saab als Konkurrent gehabt hätte. Und das ist milde formuliert. Ich halte es nämlich für kompletten Blödsinn. Hätte man derartiges Potential bei Saab ausgemacht, hätte man die Marke ja einfach behalten können – quasi als Opels Über-Audi * für den europäischen Markt.

        Ich fürchte es ist so banal, dass man mit der Marke nichts anzufangen wusste und dass VM mit ihr auch nichts mehr anfangen konnte. Der Zug war schon abgefahren, als er einstieg. Und wenn man das macht, dann fällt man eben von der Bahnsteigkante.
        Und trotzdem danke ich ihm diesen (völlig vergeblichen) Versuch.

        * Warum „Über-Audi“? Weil ein 9-5 II weit mehr als ein aufgehübschter Insignia war, anders eben als ein pseudo Nobel-Passat a la Audi A6.

        • Detlef Rudolf schreibt:

          Die Feststellung, dass GM Angst vor Konkurrenz auf dem China-Markt durch SAAB-Fahrzeuge unter Youngman-Lotus hatte, ist in ähnlicher Aussage sogar direkt vom GM-Sprecher selbst gemacht worden – allerdings erst zu einem Zeitpunkt, an dem die Verhandlungen zwischen VM und Youngman-Lotus bereits im Gange waren. Also doch letztendlich Angst vor Konkurrenz.. Ebenso bei den Verhandlungen mit der türkischen Firma Brightwell – dort gab es zum Schluss aus dem selben Grund auch keine Lizenzen.

          Bei GM hat man wohl nach der Vielzahl von Misserfolgen im Laufe der letzten Jahre bis hin zur Pleite kein großes Selbstvertrauen mehr – anderen Konzernlenkern traut man hier vermutlich mehr zu und möchte dies mit allen Mitteln (im Falle SAAB mit Lizenzentzug) verhindern.

          Das tolle Produkt über dem Opel soll wohl der Cadillac made in USA sein – klappt in Europa natürlich auch nicht. Wenn man sich in Detroit bereits vor längerer Zeit mal richtig mit SAAB befasst hätte, wären moderne 9-3 III u. 9-5 II bereits seit Jahren auf dem Markt und die sich jetzt darstellende Problematik gäbe es vermutlich überhaupt nicht.

        • Sarg 9-5 II schreibt:

          „Bei GM hat man wohl nach der Vielzahl von Misserfolgen im Laufe der letzten Jahre bis hin zur Pleite kein großes Selbstvertrauen mehr – anderen Konzernlenkern traut man hier vermutlich mehr zu (…)“

          Ja, in der Tat wäre es für die Verantwortlichen von GM peinlich, wenn jemand anderes die Marke Saab zum Erfolg geführt hätte. Das mag schon auch einen großen Einfluss auf Entscheidungen gehabt haben. Umso dankbarer wird man bei GM sein, dass man andere Gründe anführen kann und ein VM es ihnen letztlich recht leicht gemacht hat.

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