Wir befinden uns in den entscheidenten Verhandlungen beim Verkauf von Saab. Von den Insolvenzverwaltern gibt es natürlich so gut wie keine Informationen und auch die Bieter halten sich mehr oder weniger bedeckt. Das Thema Saab wird seit ca. einer Woche auch wieder für die schwedische Presse interessanter, aber natürlich haben die das Problem, kaum etwas handfestes vermelden zu können. Daher gibt es natürlich eine Menge Spekulationen und Gerüchte in der Presse. Wie sieht jetzt der aktuelle Stand aus?
Auch ich kann nichts weltbewegend neues schreiben. Ich glaube zunächst nicht an „Insider“ und deren Aussagen. Natürlich können die Aussagen stimmen, müssen aber nicht. Ich fasse aber trotzdem mal die Nachrichtenlage der letzten Tage zusammen.
Zunächst ist Mitte der Woche Youngman ausgestiegen. Fraglich ist dabei, ob Youngman freiwillig gegangen ist oder von den Insolvenzverwaltern gegangen worden ist. Spielt für mich keine Rolle – ich persönlich bin nicht all zu traurig über das Ausscheiden von Youngman. Youngman war mir im Herbst 2011 eher unangenehm aufgefallen. Zuviele Versprechungen und kaum etwas wurde eingehalten. Im Nachhinein stellten sich viele Umstände heraus, die mein eher schlechtes Bild von Youngman bestätigen. Die versprochenen Zahlungen von Youngman sind ganz überwiegend ausgeblieben. Vereinbarungen wurden von Youngman nicht eingehalten. Auch das Genehmigungsverfahren in China lief bei Youngman sehr schleppend. Dabei war wohl nicht die chinesische Genehmigungsbehörde NDRC das eigentliche Problem, denn Youngman besaß die ganze Zeit die Unterstützung der Regierung. Vielmehr ist die Organisation bei Youngman nach einigen Berichten sehr chaotisch, was ständig zu Problemen führte. Im Nachhinein könnte auch dies ein Grund gewesen sein, warum sich Victor Muller im Mai 2011 zunächst nicht für Youngman als Kooperationspartner, sondern für die recht unbekannte Firma Hawtai als Partner für Saab entschied. Erst auf Druck der NDRC wurde dann im Juni von Muller die Kooperation mit Youngman und Pang Da vereinbart, Hawtai musste aussteigen.
Übrig bleiben als Bieter der indische Großkonzern Mahindra und die sino-japanische Kooperationsfirma National Electric Vehicle Sweden (NEVS). Angeblich soll NEVS der Favorit im Bieterrennen sein. Dies muss nicht unbedingt stimmen. Wir wissen nicht, welche Taktik die Insolvenzverwalter fahren. Angeblich haben die Insolvenzverwalter Saab für den Verkauf in sieben Einzelpakete aufgeteilt und versuchen so, den besten Preis für Saab herauszuschlagen. Dies kann erfolgreich sein, birgt aber auch die große Gefahr, dass am Ende keine Einigung mit einem Bieter erzielt wird und Saab vielleicht doch noch zerschlagen wird. Möglich ist auch, dass die Favoritenrolle von NEVS lanciert wurde, um Mahindra zu einem höheren Gebot zu bewegen. Andere Gerüchte besagen, dass Mahindra und NEVS sich zusammengeschlossen hätten. Nichts ist sicher, wir erleben einen Verhandlungspoker erster Güte. Leider kann man noch nicht erkennen, welche Informationen tatsächlich stimmen und welche nur plaziert werden, um im Verhandlungspoker einen Vorteil zu gewinnen. Insofern müssen wir trotz aller Meldungen abwarten, Ruhe bewahren und hoffen, dass für Saab alles einigermaßen gut ausgeht.
NEVS hat sich übrigens ertmalig zu Wort gemeldet und ein paar kleine Andeutung zu den Plänen mit Saab gemacht. Mattias Bergman, der Sprecher von NEVS, hat gegenüber der TTela ein paar Aussagen getroffen. Die größten Investoren bei NEVS sind die chinesische National Modern Energy Holdings und japanischen Private-Equity-Firma Sun Investment. Die Chinesen haben bereits Erfahrungen auf dem Energiesektor und beschäftigen sich auch mit der Herstellung von Bioethanol. Ein Thema, das ja auch bei Saab nicht ganz unbekannt ist. Daneben gibt es laut Bergman noch weitere Investoren, die Bergman jetzt aber noch nicht öffentlich benennen will. Der Chef von NEVS, Karl-Erling Trogen, war lange Vorstandsvorsitzener von Volvo Trucks und besitzt entsprechende Erfahrungen im Automobilbereich. Trogen bestätigt, dass das diese beiden Firmen große Anteilseigner bei NEVS seien, aber das Hauptinteresse an einer Übernahme von Saab bei einem dritten Investor liege, dessen Name Trogen natürlich (noch) nicht nennen will. Zum Businessplan will Trögen sich erst später äußern. Hier gibt es aber die Meldungen, dass NEVS entweder nur Elektroautos oder 100.000 Hybrid-Fahrzeuge in Trollhättan bauen will.
Die Idee mit den Elektroautos halte ich nicht gerade für zukunftsträchtig. Das hat nichts mit der Technik oder mit dem Elektroantrieb an sich zu tun. Wirtschaftlich macht dieser Plan für mich aber überhaupt keinen Sinn. Warum sollten Investoren mehrere hundert Millionen Euro für Saab zahlen, um dann ein paar hundert E-Autos jährlich in Trollhättan mit einem riesigen Verlust (der Kaufpreis muss ja refinanziert werden) zu produzieren? Da macht die zweite Variante doch mehr Sinn. Bestenfalls könnte man den schon weit entwickleten Saab 9-3III auf der Phoenix-Plattform schon sehr schnell anbieten. Der 9-3III sollte ja ebenfalls einen Hybridantrieb bekommen. Eigentlich entspricht das Ziel „100.000 Hybrid-Fahrzeuge“ der Planung von Saab in den letzten Jahren. Wenn diese Planung dann gut von den Investoren finanziert wird, spricht aus meiner Sicht nichts gegen NEVS. Wichtig ist mir, dass der Saab-Spirit der Fahrzeuge und der Markenname Saab erhalten bleibt. Sollte das nicht der Fall sein, dann wird vielleicht die Fahrzeugproduktion in Trollhättan fortgesetzt werden, für mich dürfte es dann aber sehr uninteressant werden und der von uns geplante Saab-Kauf dürfte tatsächlich der letzte Saab-Kauf werden. Hoffentlich kommt es anders!
Positive Nachrichten gibt es auch noch für den Käufer. Die Saab-Ausgründung LeanNova hat bestätigt, dass die Phoenix-Plattform mit dem Hybridantrieb eXWD für den Käufer weiterhin zur Verfügung steht. Schon in zwei bis drei Jahren könnte ein neuer Saab auf dieser Plattform in den Verkaufsräumen stehen. Im Verkaufsprozess hat LeanNova die Phoenix-Plattform den Käufern mehrfach präsentiert. Damit keine Missverständnisse entstehen: Die Phoenix-Plattform befindet sich im Eigentum von Saab, nicht von LeanNova. Einige hatten ja behauptet, es gäbe bei Saab keine Vermögenswerte mehr. Wie man hier sieht, ist dies nicht der Fall. Natürlich muss ein Käufer massive Aufbauarbeit leisten. Aber vieles steht ihm weiterhin zur Verfügung oder kann wieder neu genutzt werden. Sei es das Wissen der ehemaligen Saab-Ingenieure bei LeanNova oder den größten Teil der Vertriebsorganisation, die ja jetzt gerade von Saab Parts übernommen worden ist.
Die Spannung steigt weiter. Angeblich soll der Käufer in den nächsten Tagen präsentiert werden. Ob sich dieser Termin halten lässt ist unklar. Insolvenzverwalter Hans Bergqvist hatte ja früher schon das Ende des ersten Halbjahrs (30. Juni) als geplanter Abschluss des Verkaufs von Saab genannt.
Apple als dritter grosser Investor?