Berichte über Volvo gehören eigentlich nicht zu meinem Interessengebiet. Aber in einem gewissen Zusammenhang mit Saab stehen auch einige Meldungen zu Volvo. Die schwedische Regierung hatte ja vor einigen Jahren offensichtlich beschlossen, sich nur auf Volvo als alleiniger Autohersteller zu konzentrieren. Dies konnte man sehr schön an der tiefgreifenden und positiven Unterstützung des Verkaufs von Volvo an Geely sehen. Im Gegensatz dazu hat die Regierung seit 3 Jahren nichts auslassen, um Saab zu behindern und aus dem Geschäft zu drängen. Aus meiner Sicht ist eine so einseitige Verhaltensweise und Konzentration auf eine Firma äußerst fatal und auch gesamtwirtschaftlich nicht sinnvoll. Das scheint sich jetzt auch im Fall Volvo zu bewahrheiten. Volvo steckt in großen Problemen und muss jetzt im Gegensatz zu den anderen „Premium“-Herstellern heftige Verluste verkraften, obwohl man noch vor einem Monat Gewinne angekündigt hatte.
Der Vorstandsvorsitzende von Volvo, Stefan Jacoby, musste jetzt für das Wirtschaftsjahr 2011 einen Verlust von über 800 Mio. Euro hinnehmen. Pikant an der Geschichte ist, dass Jacoby noch vor Vorlage des Geschäftsberichts im Mai gegenüber der Presse noch von einem Gewinn im Jahr 2011 von ca. 180 Mio. Euro gesprochen hatte. Die jetzige Änderung beruht angeblich auf einer Änderung der Bilanzierungsmethoden, was zu hohen Abschreibungen geführt hätte. Die Volvo-Presseabteilung begründet die Änderung der Zahlen damit, dass Jacoby im Mai noch die Zahlen nach der alten Bewertungsmethode der Presse genannt hätte. Die schwedische Presse zweifelt jetzt an der Glaubwürdigkeit von Jacoby. Mein Kommentar dazu: Peinlich! Und dann noch eine so schwache und unglaubwürdige Ausrede!
Begründet wird der Verlust mit massiven Investitionen. Die Kosten für Forschung und Entwicklung seien deutlich auf ca. 280 Mio. Euro gestiegen. Man habe auch 2.000 Mitarbeiter eingestellt und umfangreiche Marketingaktivitäten entfaltet. Darunter muss man wohl verstehen, dass Volvo die Autos mit Verlust auf den Markt drückt, um Umsatz und Cash-flow hoch zu halten. Sowas geht aber nicht lange gut.
Ansonsten kann ich der Begründung nicht entnehmen, dass tatsächlich viel mehr investiert wurde. Die Entwicklungskosten sind recht moderat, wenn man bedenkt, dass die viel kleinere Firma Saab von März 2010 bis März 2011 – also auch in einem Jahr – ca. 230 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung investiert hat und damit ein neues Modell (Saab 9-5II Sportkombi) eine neue Plattform fast fertig gestellt hatte.
Diese Verluste kommen für Volvo zur Unzeit. Volvo kann für zukünftige Modelle nicht mehr so einfach auf die Infrastruktur und auf Plattformen der ehemaligen Mutter Ford zurückgreifen. Daher sind bei Volvo hohe Investitionen notwendig, um neue Strukturen aufzubauen und neue Plattformen für die Personen- und Geländewagen zu entwickeln. Zusätzlich muss in China noch ein Kooperationsunternehmen mit der Mutter Geely gegründet und finanziert werden, damit Volvo nicht als ausländischer Hersteller in China benachteiligt wird. Volvo müsste eigentlich gerade jetzt hohe Gewinne machen, um dies alles zu finanzieren. Doch das ist gerade nicht der Fall und so wie es aussieht, ist trotz recht geringer Investitionen ein hoher Verlust entstanden.
Die Lage erscheint mir nicht gut für Volvo. Wie will man diese hohen Investitionen stemmen? Auch sehe ich bei den Wirtschaftsaussichten keine Besserung in der nahen Zukunft. Hoffentlich steht Schweden nicht bald ganz ohne einen Autohersteller da. Ich würde es Volvo und vor allem den Mitarbeitern von Volvo nicht wünschen, dass Volvo verschwindet. Allerdings der schwedischen Regierung schon, wenn ich ganz ehrlich bin. Aber mir sind natürlich die Mitarbeiter wichtiger – hoffen wir das Beste für Volvo!
Es wäre ein Fiasko, besonders für die Saab-Angestellten die gerade erst zu Volvo gewechselt sind. Ob unter diesen Umständen die Mitarbeiter von Uddevalla nach Göteborg wechseln können?
Tja, liebe schwedische Politiker, es reicht eben nicht, wenn man die Konkurrenz vernichtet um ein Unternehmen zu stabilisieren.
bei diesen verlusten kann man ja wohl das wort „missmanagement“ nicht mehr aussen vor lassen…
bin mal gespannt, ob die chinesischen inhaber diesen ausgleichen werden, in dem sie kapital nachschiessen.
was in schweden geschieht, iost nocht mehr nachvollziehbar und zerstört deren industriestandort.
für mich sind die plem-plem.
ich hatte schon 8 volvos und war damit sehr zufrieden – zumindet mit den fahrzeugen mit heckantrieb. für mich ist das immer noch, neben jaguar, die laternative zu saab.
wenn man sich die summen so zu gemüte führt, sind die investitionen in saab ja nur ein taschengeld – vermutlich wäre es für volvo günstiger gewesen, saab mit seinen entwicklungen zu übernehmen, als das rad neu zu erfinden.
kann es mir nur schwer vorstellen, dass es wirklich so schlecht um Volvo bestellt sein soll. Von den neuen Modellen (S60 und V60, XC60) sehe ich täglich einige rumfahren.
Und hatte vor, als nächstes Auto auch eines aus dem Hause Volvo zu kaufen 😉
Man muss aber bedenken, dass Volvo eigene Benzin und Diesel Motoren baut und entwickelt. Euro6 lässt grüssen => $$$
Saab hat nur Motoren überarbeitet und Lizenzen bezahlt, also kein (kaum) Invest.
Der Verlust scheint ja aus grossen Teilen aus Abschreibungen zu bestehen. Hier scheint eine Bereinigung stattzufinden. Wichtig ist ja auch wie sich der Cash Flow verhält. Ist der positiv, so ist mindestens Zuversicht angebracht und läuft der Abverkauf auch noch gut, dann ist alles halb so schlimm.
Das ganze zeigt aber auch auf, dass es für SAAB auch nicht so ein einfacher Weg sein wird, als konventioneller Autoanbieter oder als solcher mit „revolutionären“ Antriebskonzepten.
Wie man es richtig macht, zeigt immer noch TATA mit Jaguar und Land Rover. Sie haben einen klaren Fokus und sind sehr innovativ.
So hoffen wir das NEVS das auch sein wird. Bis jetzt haben sie schnell und entschieden gehandelt, jetzt müssen noch beweisen dass es auch im gleichen Takt weitergeht. Wir sind ja offen für positive Überraschungen.
SCHWEDISCHE AUTOS SIND TOT.
Ich bin immer schwedische Autos (140, 240, 940, 9000, 9-3, 9-5) gefahren, also auch Volvos . Es gibt leider schon jetzt KEINEN schwedischen Automobilhersteller mehr. Die Parallelen zwischen beiden Marken sind erschreckend
Volvo – Ford – Geely
SAAB – GM – NEVS
Die Dimension mag bei Volvo eine andere und die Überlebenschancen der Marke mögen ungleich größer sein, das Prinzip des (Aus-) Verkaufs und der Verwässerung von Identität ist aber sehr ähnlich. Volvo wird in Zukunft ebenso schwedisch sein, wie Bugatti noch heute ein Elsässer Familienunternehmen in der Hand seiner italienischen Gründer mit künstlerischem Hintergrund ist.
Ich muss zugeben, dass es durchaus Beispiele dafür gibt, dass Markenidentitäten und Automobile Charakter unter Fremdherrschaft konserviert werden konnten und/oder sich im Einklang mit ihrer Geschichte fortentwickeln durften. Da fallen mir aber nur Nobelmarken ein, Hersteller von Luxuslimousinen, großer Coupés und Sportwagen in winzigen Stückzahlen, die ihren Eigentümerwechsel inner-europäisch vollzogen haben und nach wie vor very british oder rassig italienisch sein dürfen, weil man inner-europäisch das Gespür dafür hat …
Hier hört man auch immer wieder „ich war asiatisch essen“ oder „ich war in Amerika“, ganz so als ob damit schon alles gesagt sei …
Ich will also keineswegs darauf hinaus, das die Bewohner des einen oder anderen Kontinents grundsätzlich weniger ignorant oder in irgendeiner Weise besser als die eines anderen wären, sondern darauf, dass die kulturellen Unterschiede auf dem eigenen Kontinent immer intensiver und deutlicher wahrgenommen werden, als die Diversität und lokalen Eigenheiten auf einem anderen.
Was war denn der kleine aber feine Unterschied zwischen einer Rollei 6×6 oder des eben irgendwie typisch schwedischen Hasselblad V-Systems, welcher liegt zwischen einer Husqvarna- und einer Stihl-Kettensäge, was macht einen dänischen Nilfisk-Staubsauger typisch skandinavisch und ein Hoover britisch und inwiefern sind mein Wasserkocher und meine Espressomaschine typische Vertreter italienischer Konstruktionsweise und Fertigung?
NEVS hat ja schon angekündigt, dass japanische und chinesische Ingenieure bereits im Flugzeug säßen. Was immer die dann machen, sie werden es swedish design and quality nennen, ohne je ein tieferes Verständnis davon erlangt zu haben, was genau ein europäischer Konsument damit vielleicht mal verbunden hat …
Die Zeiten, in denen man neben einer Reihe anderer irgendwie landestypischer Produkte auch SCHWEDISCHE Autos kaufen konnte, die eben auch irgendwie typisch schwedisch waren, sind ein für alle mal vorbei …
Die Saab DNA haben der letzte 93 und 95 schon nicht mehr gehabt. Aber es ist alles eine Evolution und Anpassung an Kundenbedürfnisse und den Hauptabsatzmärkten.
Bei Volvo hat das Design massiv gelitten und die Praxistauglichkeit. Welcher wirkliche Volvo Kunde möchte Lifestyle haben und kann nichts in den Wagen packen? Hier in der Schweiz laufen gerade Rabattaktionen von Volvo „Volvo senkt die Preise“.
„Welcher wirkliche Volvo Kunde möchte Lifestyle haben und kann nichts in den Wagen packen?“
Ganz exzellente Frage! Das kommt eben dabei raus, wenn ein Marktforschungsinstitut herausgefunden hat, dass 63% aller Kombifahrer großen Wert darauf legen, dass ihr Kombi „chic“ ist (was immer das für den Einzelnen bedeuten mag) und nur 38% aller Befragten bejaht haben, dass ihnen die Kapazitäten wichtiger als das Aussehen sei. Vielleicht hätte man besser mal die (ehemaligen) Volvofahrer gefragt. Und woher wusste man damals so genau, dass US-Bürger, die mit einem Schweden liebäugeln, unbedingt ’ne steile Heckscheibe wollten (760)? Haben die nicht vorher deshalb Volvos gekauft, weil sie keine typische US-Limo wollten? Was heißt es also, sich seinen Absatzmärkten anzupassen?
Ich weiß, dass Volvo in Italien den 700er mit kleinen starken Turbos verkauft hat (2,0L) die bei uns nie auf den Markt gekommen sind, weil die KfZ-Versicherung in Italien nach dem Hubraum berechnet wurde. Da ist aber niemand auf die Idee gekommen, dass ein Volvo für Italien wie ein Alfa aussehen müsste und einer für Deutschland wie ein VW.
… daher entlockt mir die bezeichnung „sportkombi“ schon immer nur ein müdes lächeln…
ein kombi ist nicht sportlich, wenn es der fahrer nicht ist und auch mit einem volvo v90 konnte man um die ecken wetzen.
Das ist wirklich eine blöde Bezeichnung. Und ich meine, dass man mit den alten heckgetriebenen Volvos sogar schneller und enger um die Ecken gekommen sei, als mit einem frontgetriebenen Saab.
Enger in jedem Fall. Und zumind. hat es sich auch schneller angefühlt. Als Anfänger hatte ich sehr viel Freude daran, mit meinem alten 140 Abbiegemanöver so rechtwinklig und so ungebremst wie möglich zu gestalten. Das war zwar laut, ging aber ganz hervorragend …
Hallo,
nun ob Saab oder Volvo, viele Automobilhersteller sind derzeit in einer Krise. Und nicht nur die, vielen anderen Firmen und Großkonzerne auch.
Ich stelle mir unabhängig davon oft die Frage ob der Staat generell eingreifen soll wenn Firmen in Schwierigkeiten sind.
Gruß Elmar