Neues zu Saab – Verhandlungsbeginn und Ansprüche von Youngman

Bisher haben die Insolvenzverwalter noch keine Gespräche mit den Kaufinteressenten für Saab geführt. Man war damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen und die Löhne der Saab-Mitarbeiter auszuzahlen. Jetzt sollen die Verhandlungen mit den zahlreichen Interessenten aufgenommen werden. Heute hat sich dazu nochmal Rachel Pang von Youngman zu Wort gemeldet.

Nachdem die Insolvenzverwalter sich einen Überblick über die Firma Saab Automobile gemacht haben, wollen sie jetzt mit den Interessenten in Verhandlungen einsteigen, um Saab als ganzes zu verkaufen. Dazu sollen aus dem bisher freigestellten Saab-Management-Team 20 Mitarbeiter bis zum 20. Januar rekrutiert werden, die die Insolvenzverwalter unterstützen.

Youngman ist derweil weiter an Saab interessiert und möchte umgehend in die Verhandlungen mit den Insolvenzverwaltern einsteigen. Laut Rachel Pang (Bild links) von Youngman habe Youngman bereits vor Weihnachten einen Vorschlag gemacht, wie man die Produktion in Trollhättan fortsetzen könnte. Youngman steht für ein weiteres Treffen mit den Insolvenzverwaltern bereit, dieses dürfte innerhalb der nächsten zwei Wochen stattfinden. Auch sieht man sich an erster Stelle beim Verhandlungsbeginn, da man ja schon Geld bei Saab investiert habe.

Ich bin gespannt, welcher Vorschlag von Youngman vor Weihnachten eingereicht wurde. Zwar hat Youngman bereits ca. 50 bis 60 Mio. Euro in Saab investiert. Nur deshalb kann Youngman aber nicht davon ausgehen, bei den Verhandlungen an erster Stelle zu stehen, wie es jetzt Rachel Pang kundgetan hat. Mit wem und wann verhandelt wird, entscheiden alleine die Insolvenzverwalter. Und die Gelder von Youngman sind jetzt Teil der Insolvenzmasse und führen nicht zu einer Bevorzugung.

Aus meiner Sicht hat sich Youngman selbst in eine ungünstige Lage gebracht. Man hätte die Insolvenz von Saab im Dezember 2011 verhindern können, wollte dies aber nicht. Oder hat man bei Youngman geglaubt, man könne günstiger bei Saab während der Insolvenz einsteigen und wurde jetzt von der Vielzahl an weiteren Interessenten überrascht? Auch bin ich mit einer Saab-Mutter Youngman nicht ganz so glücklich. Zum einen gibt es das bekannte Problem mit den GM-Lizenzen und auch war Youngman nicht immer 100%-ig zuverlässig bei den Versprechungen, die gegenüber Saab gemacht wurden.

Die Verhandlungen mit Youngman haben lange – viel zu lange – gedauert. Auch hat Youngman nicht immer alle versprochenen Zahlungen geleistet. Deshalb kam es ja schon im Herbst zum Rekonstruktiosnverfahren bei Saab. Youngman hat sich – vielleicht auch auf Drängen der NDRC – über schon vereinbarte Planungen mit SWAN hinweggesetzt. Wir sollten nicht das Verhalten im Oktober 2011 zusammen mit dem damaligen Saab-Administrator Guy Lofalk vergessen, als man den vereinbarten Einstieg bei SWAN abgesagt hat und stattdessen versucht hat, den Geschäftspartner SWAN auszubooten.

Insgesamt hat sich das Verhalten von SWAN als nicht sonderlich schlau herausgestellt. Offensichtlich fehlt den Chinesen die Erfahrung bei den Verhandlungen mit westlichen Geschäftspartnern. Hier kann man nicht durch die Unterstützung der Partei und knallhartes Verhandeln etwas erreichen, sondern man muss geschickt ein gutes Angebot abgeben und natürlich vertrauenswürdig erscheinen. Hier hat Youngman in der Vergangenheit gepatzt. Ich könnte mir daher gut vorstellen, dass Youngman nicht erste Wahl bei den Insolvenzverwaltern ist, wenn es andere angemessene Angebote gibt. Sollte GM mit anderen potenten Investoren einverstanden sein und die Lizenzen und Teilelieferungen fortbestehen lassen, dann wäre Youngman für mich auch aus diesem Grund nur zweite oder dritte Wahl. Denn Youngman wird nach der Aktion im Oktober keinerlei Zustimmung von GM für den Weiterbau der aktuellen Modelle erhalten. Andere Investoren aber vielleicht schon. Diese neuen Investoren wären deshalb deutlich besser für Saab, wenn das finanzielle Potential stimmt.

Dass Youngman dann das bereits investierte Geld verlieren wird, hat man sich dann selbst zuzuschreiben. Man hat Spielchen gespielt, hat verloren und versucht sich jetzt an der Rettung. Hätte sich Youngman an das ursprüngliche Abkommen mit SWAN vom Spätsommer 2011 gehalten, wäre man vielleicht schon im Besitz von Saab und hätte GM nicht verprellt. GM war laut Anne Petri von Saab durchaus gegenüber Youngman aufgeschlossen, solange die ursprüngliche Planung in Kraft war. Erst durch die Zusammenarbeit mit Guy Lofalk hat Youngman das GM-Wohlwollen verprellt. Vor der Rekonstruktion und vor der Insolvenz hatte Youngman alle Möglichkeiten, trotz einer möglichen Ablehnung von GM bei Saab zuzugreifen. Man hat diese Chance verstreichen lassen und Saab ging in die Insolvenz. Jetzt steht Youngman unter Umständen selbstverschuldet mit leeren Händen da. Die Insolvenzverwalter werden das beste Angebot annehmen, egal ob Rachel Pang sich an erster Stelle sieht. Beim verbindlichen Angebot muss Youngman punkten, nicht bei den Versprechungen und Forderungen. Mein Mitleid mit Youngman ist gering. Wer anderen eine Grube gräbt…

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6 Antworten zu Neues zu Saab – Verhandlungsbeginn und Ansprüche von Youngman

  1. Marcus schreibt:

    sehr richtig!

    yougman hat zu lange und zu hoch gepokert – das ist das risiko bei dieser vorgehensweise.
    zusagen wurden mehrfach nicht eingehalten.
    für mich ist youngman die letzte option, war es aber auch schon immer.

  2. Urs schreibt:

    Youngman wäre dennoch ein guter Eigentümer für SAAB, wenn mit GM eine Lösung gefunden werden kann. Denn Youngman könnte für SAAB einen guten Einstieg in den Chinesischen Markt unterstützen, ist es doch aktuell der Automarkt der die höchsten Zuwachsraten und ein sehr grosses Potential für Europäische Autos hat.
    Von den anderen Anbietern wissen wir noch sehr wenig, auch ob diese das finanzielle Polster haben und natürlich fehlt die Erfahrung wie gut diese die Vereinbarungen einhalten. Ich denke es stehen alle wieder auf der gleichen Startlinie.

    • tauentzien schreibt:

      Sicher wäre auch Youngman ein guter Eigentümet für Saab. Wenn allerdings ein anderer finanzkräftiger Investor da wäre, der auch die Zustimmung von GM hat, dann würde ich diesen bevorzugen. Es sieht nämlich zur Zeit so aus, dass Youngmann überhaupt keine Zustimmung von GM erhält. Und dann wäre Youngman nur die zweitbeste Lösung. Aber zunächst müssen wir schon froh sein, wenn es überhaupt eine sinnvolle Lösung gibt!

  3. Stefan schreibt:

    Ich bin über jeden Investor froh, der Saab als ganzes erhalten will. Das Scheitern des damaligen Kaufvertrages würde ich eher dem Alleingang von Herrn Lofalk zuschreiben, der die GM-Verträge kennen musste. Younhman sind bisher die Einzigen, die auch „ohne“ GM-Technik Saab erwerben möchten

    • saabsupplier1 schreibt:

      Was konkret macht denn noch Saab aus ?
      Die Ersatzteilfirma Saab Automobile Parts ist von der Insolvenz überhaupt nicht betroffen (eigene Umsätze, eigene Gebäude, eigene Computer usw usw) – aber vom Automobilbauer Saab Automobile hiess es zum Beispiel, das ganze Werk (Gelände und Gebäude) sei bereits verkauft und würde nur zurückgeleast…
      Was gehört denn noch Saab, und über was hält der Insolvenzverwalter seine Hände ?
      Was wird ein potentieller Investor überhaupt noch kaufen können ?
      Ein Investor wird doch aus der Insolvenz heraus auch nur dann die Produktion aufnehmen können, nachdem mit Lieferanten endverhandelt wäre, eine Einigung zustandegekommen wäre und die Lieferungen von Bauteilen wieder aufgenommen würden… eine Einigung, die ja schon in 2011 über viele Monate nicht zustandegekommen ist…
      Warum sollte jetzt auf einmal ein Wunder geschehen ?
      Meines Erachtens kann der Insolvenzverwalter nur die verbleibenden und offensichtlich nicht mehr funktionierenden Fragmente des ehemaligen Autoherstellers veräussern (korrigiert mich bitte, wenn ich das falsch beurteile)

      Andere Frage: BAIC wurde immer im Zusammenhang mit dem alten 9-3 genannt = Fertigungslinien übernommen, abgebaut usw um das alte Modell weiterzubauen…
      wie ist den hier der Stand, konnte man das denn eigentlich ausgliedern und was konkret ist hier passiert ? Wieweit steckt der Saab noch da drin und wie geht es hier weiter ?

      • tauentzien schreibt:

        Zur Frage der Vermögenswerte hab ich gerade einen Beitrag geschrieben, ist ja auch von allgemeinem Interesse:

        https://saab-rover-blog.net/2012/01/09/vermogenswerte-von-saab-und-moglicher-ablauf-der-insolvenz/

        Zur Frage der Beziehung von BAIC und Saab:

        Nach meinem Kenntnisstand wurden die Rechte am 9-5I und am 9-3II Prefacelift von GM an BAIC 2009 verkauft. Der Erlös von ca. 150 Mio. Euro ist nicht bei Saab verblieben, sondern ging an GM. Daneben wurde auch die Fertigung der alten Saab-Motoren an BAIC verkauft. Nicht an China verkauft wurden die Fertigungsanlagen des 9-3II und die IP-Rechte für den aktuellen (Facelift) 9-3II. Nach meinem Kenntnisstand wurden auch nicht die Fertigungsanlagen für den 9-5I an BAIC verkauft. Zu den Fertigungsanlagen des 9-5I habe ich allerdings keine gesicherten Infos. Die Geschichte mit BAIC ist abgeschlossen. Saab hat nur noch Ende 2010 ein Conceptcar auf Basis des 9-3II für BAIC erstellt, das Teile des gefacelifteten 9-3II nutzte. Ansonsten gibt es keine Berührunmgspunkte mehr. BAIC hat zwar mal behauptet, dass man alle Rechte am 9-3II besitze, dies trifft aber nicht zu und wurde auch von den Beteiligten und der Presse nicht ernst genommen.

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