Vermögenswerte von Saab und möglicher Ablauf der Insolvenz

Immer wieder erreichen mich Fragen, welche Vermögenswerte Saab besitzt und welche Werte und Gegenstände überhaupt noch von den Saab-Insolvenzverwaltern verkauft werden können. Insbesondere die Besonderheit der für das EIB-Darlehen verpfändeten Firmenteile sorgt dabei möglicherweise für etwas Verwirrung. Ich versuche mal in aller Kürze und ohne abschließende Aufstellung einer Vermögensübersicht die Grundsätze im Rahmen der Insolvenz darszustellen.

Zunächst gibt es die Möglichkeit, Saab als ganzes zu verkaufen. Damit werden einfach die Eigentümer an der Firma Saab Automobile AB durch Beschluss des Amtsgerichts Vänersborg ausgetauscht. Durch diesen Beschluss wird die Insolvenz beendet. Das Unternehmen Saab Automobile AB existiert weiter, ist dann schuldenfrei und der Erlös aus dem Verkauf geht an die Gläubiger. Dieser wird sicher nicht ausreichen, um alle Schulden bei den Gläubigern zu tilgen. Da Saab aber mit dem Gerichtsbeschluss automatisch schuldenfrei ist, müssen die Gläubiger also zwangsweise auf die restlichen Ansprüche verzichten. Vorteil wäre, dass sämtliche Lizenz- und Teilelieferungsverträge bestehen bleiben, da das Unternehmen Saab Automobile weiter existiert. Auch die Schuldenbefreiung ändert grundsätzlich nichts daran, da ja der vertragliche Rechtsgrund zunächst nichts mit der Frage der Bezahlung zu tun hat. Die Saab Automobile AB könnte dann auch den Namen Saab weiterverwenden; das Lizenzabkommen mit der Saab AB besteht weiter. Im Rahmen der bestehenden Verträge müsste GM weiter die Lizenzrechte und die Teilelieferungen Saab zur Verfügung stellen. Allerdings müsste dann natürlich auch der Käufer im Insolvenzverfahren den vertraglichen Bestimmungen mit GM entsprechen. Hier besteht also weiterhin das Problem, dass eine Zustimmung von GM vorhanden sein muss. Schwierig ist dies vor allem für Youngman.

Eine andere Möglichkeit für die Insolvenzverwalter ist es, alle Vermögensgegenstände von Saab einzeln zu verwerten. Mit Abschluss der Insolvenz, also wenn alle Vermögensgegenstände verkauft sind, wird die Firma Saab Automobile AB liquidiert und im Handelsregister gelöscht. Auch hier geht der Erlös wie beim Verkauf im ganzen an die Gläubiger mit den gleichen Folgen. Die Firma Saab Automobile geht allerdings unter und damit erlöschen auch alle Vertragsbeziehungen und alle Lizenzvereinbarungen. Selbst wenn also ein Käufer alle Einzelteile von Saab kauft, aber das Unternehmen nicht fortbesteht, kann der Käufer die Marke Saab im Fall der Einzelverwertung nicht nutzen. Er müsste alle Lizenz-, Teilelieferungs- und Händlerverträge neu aushandeln. Dies ist praktisch kaum vorstellbar.

Interessant ist jetzt die Frage, welches Vermögen bei Saab überhaupt verwertbar ist. Ich kann jetzt hier keine bilanzmäßige Vermögensaufstellung darstellen. Dies bereitet ja selbst den Insolvenzverwaltern erhebliche Mühe. Aber ich versuche mich mal an einer grundsätzlichen Darstellung.

Die Insolvenzverwalter halten aus meiner Sicht recht viel in den Händen. Saab Automobile besteht aus vielen einzelnen Tochterfirmen, wie z.B. Saab Properties, Saab Tools, Saab Parts und teilweise den einzelnen Ländervertretungen. Daneben bestehen die Saab-Vermögenswerte aber auch aus vielen intellektuellen Rechten (z.B. das Nutzungsrecht der Marke Saab und des Greif-Logos), IP-Rechten (z.B. die Phoenix-Plattform und die Rechte am 9-3II) und natürlich aus den Wert der Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Auch stellen das Händlernetz oder die Saab-Mitarbeiter einen Wert an sich da, der beim Kaufpreis für Saab eingepreist wird. Bei einer Einzelverwertung werden einzelne Recht naturgemäß wenig bis gar keinen Erlös erzielen, so dass auch die Gläubiger im Normalfall eine Veräußerung im ganzen bevorzugen. Hier ist der Gesamterlös einfach höher.

Da über die Mutter Saab Autombile AB beherrschender Einfluss auf die Saab-Töchter besteht, haben natürlich die Insolvenzverwalter auch bei den Tochterfirmen das Sagen. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Tochterfirma – beispielsweise Saab Parts – nicht insolvent ist. Saab Properties ist ein Sonderfall, da hier 49% der Anteile an Hemfosa verkauft, 51% gehört aber noch Saab und kann damit ebenfalls verwertet werden.

Daneben sind einige Tochterfirmen, wie zum Beispiel Saab Tools, zur Sicherheit für das EIB-Darlehen an den schwedischen Staat (nicht an die EIB!) verpfändet. Die EIB hat sich durch eine Bürgschaft des schwedischen Staats voll abgesichert, so dass die EIB kein Risiko hat. Dieses trägt alleine der bürgende schwedische Staat. Dies bedeutet aber nicht, das der schwedische Staat auf diese verpfändeten Saab-Tochterfirmen direkt Einfluß nehmen kann oder diese Firmen im Verlauf der Insolvenz besitzen oder erhalten wird. Der schwedische Staat wird im Rahmen der Insolvenz lediglich am Verkaufserlös dieser Firmen (beim Verkauf im ganzen am Anteil, den diese Firmen ausmachen) bevorzugt beteiligt. Das gleiche gilt für die Gläubiger, die vor der Insolvenz Pfändungen – beispielsweise im Saab Museum – durch Kronofogden haben durchführen lassen.

Kleines Beispiel: Saab wird für 100 Mio. Euro im ganzen an einen Investor verkauft, die an den schwedischen Staat verpfändeten Firmen werden dabei mit 60 Mio. Euro bewertet. Saab schuldet dem schwedischen Staat zur Zeit 218 Mio. Euro für das EIB-Darlehen. Der Staat erhält jetzt zunächst bevorzugt die 60 Mio. Euro aus dem Verkaufserlös. Die restlichen Schulden beim Staat – 158 Mio. Euro – werden dann der allgemeinen Insolvenzmasse zugerechnet, d.h. der Staat bekommt für den Rest noch einen Anteil an den restlichen 40 Mio. Euro Verkaufserlös – sagen wir davon noch 18 Mio. Euro. Der Käufer von Saab erhält Saab schuldenfrei, die Gläubiger erhalten lediglich ihren Anteil an der Insolvenzmasse, die übrigbleibenden Ansprüche werden gelöscht. Der schwedische Staat würde also im Beispiel 218 – 60 – 18 = 140 Mio. Euro durch die Insolvenz verlieren.

Und die im Beispiel angesetzten 100 Mio. Euro sind wahrscheinlich noch ein hoher Verkaufserlös. Daher habe ich die Haltung der schwedischen Reggierung auch nie verstanden – hätte man im Frühjahr 2011 Saab mit einem Überbrückungskredit von ca. 50 Mio. Euro geholfen, dann sähe die Lage anders aus und der schwedische Steuerzahler hätte sich diese riesigen Verluste ersparen können!

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