Es gibt eine neue Runde Irrungen und Wirrungen bei Saab. In den letzten Tagen hat sich der Vertreter eines großen indischen Autoherstellers an die Insolvenzverwalter von Saab gewandt und hat ein Kaufinteresse an Saab als ganzes geäußert. Die Sache hat allerdings einen Haken, die zur Ablehnung von Gesprächen durch die Insolvenzverwalter führte. Der Vertreter des milliardenschweren indischen Großkonzerns ist Rechtsanwalt Lars Carlström (Bild links unten). Den meisten hier wird der Name bekannt vorkommen.
Carlsström war bis zum Herbst der Vertreter des potentiellen Saab-Investors Wladimir Antonow. Antonow muss sich gerade Ermittlungen wegen Veruntreuung von Geldern bei seinen baltischen Banken stellen und wurde im Spätherbst 2011 vorübergehend in London verhaftet.
Zunächst waren zwischen den Insolvenzverwaltern und diesem indischen Autohersteller Gespräche am 5. Januar 2012 vereinbart worden. Als den Insolvenzverwaltern jedoch klar wurde, dass Carlström der ehemalige Vertreter von Antonow ist, haben sie alle Verhandlungen mit Carlsström abgelehnt und den bereits vereinbarten Gesprächstermin wieder abgesagt. Carlström ist natürllich nicht begeistert darüber. Nach seiner Aussage ist der indische Konzern sehr interessiert, Saab als ganzes zu kaufen und es gehe doch schließlich um die Zukunft von Saab.
Nun ja, da nicht bekannt ist, welcher indische Konzern hier vorstellig wurde, kann man nicht mit Sicherheit sagen, wie konkret das Interesse ist und welche finanziellen Möglichkeiten der indische Konzern hat. Gerüchtewesie soll es sich um den Autohersteller Mahindra handeln. Anderen Gerüchte ist es ein indischer Konzern mit über 100.000 Angestellten und mehreren Milliarden Euro Umsatz, der weiterhin sehr starkes Interesse an Saab habe.
Aber zumindest hätte sich der indische Konzern einen anderen Anwalt in Schweden suchen können. Carlström wird aufgrund seiner Antonow-Verbindungen nicht als seriös eingestuft. Ob sich noch etwas aus der Indien-Geschichte ergibt, bleibt abzuwarten. Ein indischer Autohersteller mit finanziellem Potential wäre natürlich eine tolle Sache für Saab. Man braucht sich nur die erfolgreiche Verbindung von Tata und Jaguar/Land Rover vor Augen zu führen.
Auch der Chef der schwedischen Reichsschuldenverwaltung hat sich zu Saab geäußert. Wir erinnern uns, die Beamten der Reichsschuldenverwaltung haben sich schon früher für Saab eingesetzt, wurden aber von der schwedischen Regierung ausgebremst. Der Reichsschuldenverwaltung wurde aufgrund der Bürgschaft des schwedischen Staats für das EIB-Darlehen Teile von Saab – darunter Saab Parts – zur Sicherheit verpfändet. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wird der schwedische Staat diesen EIB-Kredit in Höhe von ca. 218 Mio. Euro an die EIB zurückzahlen müssen. Die Reichsschuldenverwaltung kann die ihr verpfändeten Teile von Saab aber nicht verwerten, dies geschieht nur durch die Insolvenzverwalter. Nur der Erlös der verpfändeten Teile wird vorrangig an die Pfändungsinhaber ausgezahlt. Im Fall von Saab Parts also zunächst an die Reichsschuldenverwaltung. Lundgren hat nun für die Reichsschuldenverwaltung den Wunsch geäußert, dass Saab als ganzes verkauft wird. Dazu will man den Insolvenzverwalter auch mehr Zeit geben.
Trotzdem ist nicht mehr viel Zeit übrig, um Saab als ganzes zu retten. Ich gehe davon aus, dass innerhalb der nächsten Wochen (nicht Monate) ein zahlungskräftiger Investor Saab kaufen muss. Die Zulieferfirmen haben zwar bekundet, dass man weiter mit Saab zusammenarbeiten wolle. Die Saab-Mitarbeiter müssen sich aber jetzt nach einem neuen Job umschauen. Es ist ihnen nicht zumutbar, bis ganz zum Schluss zu warten. Die Zulieferfirmen werden auch nicht mehr lange die Fertigungsstrukturen für Saab aufrecht erhalten können. Auch die Saab-Händler werden nicht ewig bei der Stange bleiben.Viele Händler werden Ende des Jahres den Saab-Händlervertrag aufgeben und vielleicht gerade noch den Saab-Service weiter anbieten.
GM hat sich auch mal wieder geäußert. Man werde einem Verkauf im ganzen zustimmen, sollten die GM-Interessen nicht beeinträchtigt werden. Im Westen also nichts neues! GM hat Saab vorsätzlich mit den Lizenzrechten vermint und kann jederzeit eine andere Begründung für eine weitere Ablehnung finden, selbst wenn GM wie bisher bindende Verträge bricht. Selbst bei einem indischen Investor könnten ja auch GM-Interessen gefährdet sein. Und da sich kein Investor auf einen langwierigen Gerichtsprozess mit GM einlassen werden wird, stehen wir vor der gleichen schwierigen Situation wie vor der Insolvenz. Wenn man bedenkt, wie vorbildlich, zielführend und für alle Seiten gewinnbringend Ford beim Verkauf von Volvo, Jaguar und Land Rover nach China und Indien gehandelt wird, dann weiß man, warum GM nur von Staatsgeldern (ja soviel zum fairen Wettbewerb!) über Wasser gehalten wird, während Ford selber die Krise gemeistert hat.
Sollte Youngman den Zuschlag bei Saab erhalten, dann gibt es keine GM-Lizenzen für Saab mehr. Youngman müsste also ein Konzept haben, wie man Zulieferer und Händler in den nächsten zwei Jahren bis zur Entwicklung von GM-unabhängigen Modellen bei der Stange hält. Dies wird teuer und für mich ist fraglich, ob Youngman so viel investieren will oder doch lieber versucht, Einzelteile für eine Produktion in China zu erwerben.
Schön ist, dass es wenigstens einige Stellen des schwedischen Staates gibt, die versuchen, Saab im Rahmen der Möglichkeiten zu unterstützen. Natürlich macht die Reichsschuldenverwaltung dies nicht nur aus altruistischen Gründen. Bei einem Verkauf von Saab als ganzes wird auch der Verkaufserlös höher ausfallen, so dass der schwedische Staat einen höheren Betrag erhält. Für mich bleib dieser Part aber eine kleine Genugtuung. Der schwedische Staat wird auf jeden Fall auf einem hohen Verlust sitzenbleiben. Dies haben die schwedischen Steuerzahler ihrer Regierung zu verdanken! Aber der Wähler ist vergesslich und die nächsten Wahlen sind noch weit entfernt.
Guten Morgen, nach meiner Meinung ist es interessant zu klären, wie weit die Liznzrechte von GM an den jetzigen Saab-Produkten tatsächlich gehen. Erst dann kann man die Macht von GM über Saab definieren. Sind es Motoren und Getriebe, dann ist eine unabhängige Lösung möglich. Sind es grundsätzliche Rechte am Design, dann ist der Erhalt der jetzigen Produktpalette unmöglich.
Vielen Dank für die täglichen Informationen und herzlichen Glückwunsch zum Familiennachwuchs.
Hier mal Infos zu den GM-Lizenzen:
https://saab-rover-blog.net/2011/11/14/wieviel-gm-technik-saab-tatsachlich-benutzt/
GM besitzt keine Rechte (Lizenzen) am 9-3II. Allerdings kommen einige Teile (ca. 30%) von GM. Darunter auch Motoren und Getriebe. Diese Zulieferungen würde GM natürlich auch stoppen. Es würde recht lange dauern, den 9-3II von diesen GM-Teilelieferungen unabhängig zu machen.
So wie ich das verstehe, gäbe es für Youngman die Option, die 30% der GM-Teile durch andere Lieferanten zu ersetzen. Evtl. möchten andere westliche Hersteller diese Lücke füllen. Dann wäre der 9-3 (auch der Imageträger Saab Cabriolet) schon mal gerettet. Danach könnte man auf die Umsetzung der neuen Modelle hoffen.
Es wäre zu schön, wenn diese Möglichkeit genutzt werden würde.
Ich verfolge diesen Blog bereits seit längerem und freue mich jedesmal, trotz der tristen Ereignisse um SAAB, über die stets seriöse und, mit Bedacht auf Objektivität gebrachte Berichterstattung, die ohne banaler Schuldzuweisung einzelner Personen auskommt und einen klaren Blick auf das Wesen der Dinge richtet.
Mit Abstand der Beste deutschsprachige SAAB-Blog !
In der Hoffnung auf den Fortbestand des Blogs und natürlich SAAB wünsche ich
alles Gute im neuen Jahr und gratuliere zum Nachwuchs !!
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