Kommentar zur Pressekonferenz von NEVS zum Produktionstart

Über den Produktionsstart ist gestern schon einiges berichtet worden. Neben meinem Artikel hier im Blog haben sich die gesamte schwedische Presse, viele internationale Medien und viele Internetmedien mit der Produktionsaufnahme in Trollhättan beschäftigt. Interessant waren für mich neben des Produktionsstarts aber auch die Informationen, die NEVS über die zukünftige Ausrichtung der Marke Saab und die neuen Saab-Produkte geben würde. Wie viele andere hatte ich gehofft, mehr über die NEVS-Startegie, weitere Einzelheiten zu neuen Modellen, zur verwendeten Technik, Absätzmärkten, Händlerstruktur, usw. zu erfahren. Denn die jetzt produzierten Modelle sind zunächst astreine Griffin-Modelle auf dem Stand des MY2012. Keine schlechten Fahrzeuge, aber für NEVS nur Übergangsmodelle bis zum Facelift im Frühjahr 2014. Aber diesbezüglich wurden meine Hoffnungen etwas enttäuscht. Gut vielleicht waren meine Erwartungen auch zu hoch.

Es gibt ja immer unterschiedliche Ansichten darüber, wie der neue Eigentümer von Saab marketingtechnisch vorgehen sollte. In der Spyker-Ära wurde jede Einzelheit und beabsichtigte Neuerung mehr oder wenig zügig der Presse mitgeteilt. Dies war zunächst gar keine so schlechte Sache. Denn die Begeisterung der Saab-Fans war groß; man hatte das Gefühl, direkt dabei zu sein und mehr als bei anderen Firmen mitzubekommen. Dies verstärkte die Bindung zur Firma; PR-mäßig zunächst also keine schlechte Sache. Doch es gab auch große Nachteile. Aufgrund der finanziellen Probleme konnte man Ankündigungen nicht einhalten und die Probleme wurden sehr schnell öffentlich. Die „offene Art“, die Victor Muller pflegte, war vielleicht für gute Zeiten geeignet, sicher nicht jedoch für schlechte Zeiten.

NEVS ging in den letzten Monaten und Jahren anders vor. Es gab erst Informationen, wenn eine Maßnahme bereits durchgeführt war. Ankündigungen und Ausblicke in die Zukunft gab es so gut wie keine. Man betrieb also genau die gegenteilige PR-Strategie im Vergleich zur Spyker-Ära. Dies ist scheinbar zunächst die richtige Strategie. Einige empfanden dies auch sicher als wohltuend nach den Aufgeregtheiten der Spyker-Ära.

Aber etwas mehr Kundenansprache und Informationen von NEVS hätte ich mir schon erhofft. Immerhin sind es wir Kunden weltweit, an die NEVS ihr Produkt verkaufen wollen und von denen NEVS damit abhängig ist. Und Marketing ist wichtig, wenn man ein Produkt verkaufen will. NEVS hat jetzt in Schweden PR gemacht. Vielleicht wird man dort für den Direktverkauf auch noch etwas die Werbetrommel rühren. Für alle weiteren europäischen Märkte und Nordamerika kann man jedoch ziemlich sicher das nächste Jahr abhaken. Hier wird NEVS keine Fahrzeuge anbieten und keine Verkäufe im Jahr 2014 tätigen. Dies zeigt eindrücklich die fehlende Kundenansprache. Zwar kann man über einen Direktverkauf und den Saab Parts-Service sehr schnell ein Land „erschließen“. Doch NEVS will Märkte nur erschließen, wenn sie wirtschaftlich lukrativ sind.

Dies macht wirtschaftlich Sinn, wird aber für viele Saab-Fans sehr traurig sein. Denn wann war zum Beispiel der Neuwagenmarkt in Deutschland für Saab lukrativ? Sicher nicht in den letzten 15 Jahren. In Europa würde mir auf Anhieb nur Großbritannien als lukrativer Saab-Markt einfallen. Ich gehe daher davon aus, dass wir in Deutschland offiziell den Saab 9-3II nicht sehen werden. Sicher werden sich ein paar Fans den NEVS-Saab über Schweden kaufen, aber er wird in Deutschland wohl so selten bleiben wie der Saab 9-5II Sportkombi. Und ob wir danach hier in Deutschland offiziell Saab-Produkte sehen werden, steht in den Sternen.

Aber genug kritisiert. Freuen wir uns zunächst mal, dass Saab überhaupt wieder produziert. Denn vor zwei Jahren konnte das noch keiner ahnen. Vielleicht ist es auch gut so, wie alles gekommen ist. Die damaligen potentiellen Investoren, insbesondere Youngman, haben sich ja zwischenzeitlich als Schaumschläger ohne Geld herausgestellt. Da scheint mir NEVS, die offensichtlich die Unterstützung der chinesischen und schwedischen Regierungen haben, deutlich besser, seriöser und langfristiger aufgestellt zu sein. Und vielleicht sehen wir auch in Deutschland mittelfristig wieder Saab-Neuwagen auf den Straßen!

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12 Antworten zu Kommentar zur Pressekonferenz von NEVS zum Produktionstart

  1. Walter Putze schreibt:

    Hoffentlich ein kleiner anfang, der nicht groß nachlässt. Irgendetwas ist für mich nicht stimmig,

  2. URS schreibt:

    Bisher war ich kein grosser Fan von NEVS, möchte jetzt aber schon auch um etwas Verständnis für das Vorgehen in Sachen PR und Marketing werben. Aus eigenen Erfahrungen kann ich das Vorgehen von NEVS sehr gut nachvollziehen. Es ist viel vernünftiger das zu liefern, was man ankündigt, als etwas ankündigen und nicht liefern zu können.
    Für die Fans – hier im Speziellen für die von SAAB – zerrt das etwas an den Nerven. Besonders betroffen sind aber natürlich auch die Händler. Viele von Ihnen sind aber gute Unternehmer und haben ihre Wege mit oder ohne SAAB gefunden. Aber auch hier, die Händeler werden nur glücklich werden, wenn sie tolle Autos den Kunden präsentieren können.
    So werden wir Fans noch ein wenig leiden, aber dann, wenn die neuen Modelle kommen und der Markt brummt, dann freuen wir uns!

  3. Robert Müller schreibt:

    Wer einen Saab will, bekommt auch einen !!!!

  4. Peter schreibt:

    Wer einen Saab will bekommt auch einen . Das ist sicher richtig und man hat es beim 9-5II Kombi gesehen . Vor der ausverkauf Aktion hieß es auch man kann sie kaufen bekommt sie aber nicht zugelassen . Saabspezialisten in Kiel haben dafür gesorgt das es doch geht . Aber das alles sind dann Ausnahmen . Ich jedoch , jemand der seinen Saab ganz normal im Alltag benützt , würde mir niemals ein Auto im Internet in Schweden bestellen und es dort abholen und selbst importieren und dafür einen Preis zahlen , von dem ich nicht weis ob er angemessen ist , da ich das Fahrzeug nicht probefahren kann. Nur weil es ein Saab ist ? Da muß man doch wirklich Geld übrig haben , oder vollkommen Saabbekloppt sein . Oder gar beides. Da ist es doch einfach viel unkomplizierter und vorteilhafter zu einem Händler in seiner näheren Umgebung zu gehen unabhängig davon welche Fahrzeuge oder welche Marke dort angeboten wird.

  5. Marcus schreibt:

    leider kann ich in die halleluja-rufe nicht einstimmen.

    seitens nevs hat man wieder einmal in perfektion eine riesenchance vertan.
    mit einer einladung wenige tage zuvor an die journaillie ist es nicht getan.
    es müssen an alle relevanten news-redaktionen presseberichte gesandt werden, die jedoch auch die zukunft deutlich weniger nebulös beschreiben sollten.

    eine vermarktung in schweden über das internet ist ein affront gegen die ehemaligen händler und führt ganz sicher nicht zu einer kundenbindung, ganz im gegenteil.
    einen saab kauft man aus dem gefühl heraus und nicht auf einer webpage.
    mit wem soll der geneigte schwede denn die konditionen verhandeln?
    das alles ist nicht einmal halbgar zu ende gedacht – es war aber auch nicht zu erwarten.

    warum?

    weil man sich für die europäer nicht interessiert!
    so wird das sicher auf absehbare zeit nichts werden mit saab und die wenigen zu bauenden fahrzeuge kann man ruhig auch nach china verschiffen – der neuigkeitsfaktor ist nahe null und das auto ist steinalt.
    würde da „vectra“ draufstehen, würde sich niemand dafür interessieren.

    das hat mit saab nichts zu tun – wir alle lieben die historie und das herzblut darin, aber nicht die technokraten, die gerade spielen, wie man autos baut.

  6. Detlef schreibt:

    Sorry, wenn ich die Kommentare lese schwillt mir der Kamm. Vielleicht sollte man anwesend gewesen sein wenn man Kommentare schreibt. Die Pressekonferenz war von Medienvertretern aus aller Welt gut besucht. (Auch wenn die Deutschen durch Abwesenheit glänzten, daher verbreiten alle die selbe DPA-Meldung) Man konnte alle Mitglieder der Unternehmensleitung interviewen und es gab sehr detaillierte Antworten. Wer schon solche Veranstaltungen anderer Hersteller besucht hat, muss feststellen, dass NEVS sehr offen kommuniziert hat. Allerdings befindet sich das ganze in einer sehr frühen Phase und vieles ist noch gar nicht abschließend geklärt. Was soll da an Info weitergegeben werden?
    Im Augenblick befindet sich die Produktion im Aufbau, die Stückzahlen sind bewusst niedrig gehalten. Eigentlich geht es in der jetzigen Phase darum überhaupt wieder ins Bewusstsein zu gelangen. Da nur maximal 1000 Fahrzeuge pro Jahr innerhalb der EU in den Verkehr gesetzt werden dürfen, da die allgemeine Zulassung fehlt, ist der Verkauf über das Internet in Schweden erst einmal die richtige Lösung. Außerdem entsteht bei dem angebotenen Paket mit Werksführung und Museumsbesuch eine besonders gute Kundenbindung. Händler mit Vorführ- und Ausstellungswagen zu beliefern würde Produktionskapazität sprengen.
    Das jetzt vorgestellte Modell wird ausschließlich in Schweden und China ausgeliefert werden, erst die nächste Evolutionsstufe, die im Frühjahr 2014 präsentiert werden soll, wird auf den wichtigsten Märkten eingeführt. Die Planung sieht vor, dass ab 2014 (vermutlich das Modell 2015) Deutschland beliefert wird. Bis dahin muss ein sehr ambitionierter Plan durchgezogen werden.

    Im Augenblick heißt es abwarten und hoffen, dass diese kleine aber sehr engagierte Mannschaft es schafft sich durchzusetzen. Wer die Freude und den Stolz in den Gesichtern aller Beteiligten, vom Arbeiter am Band bis zum Besitzer Kai Johan Jiang erlebt hat, der kann nur die Daumen drücken.

    • Marcus schreibt:

      …und mir schwillt der kamm, wenn ich lesen muss, wie toll alles ist – für mich lächerlich.
      ich sehe das anders, völlig anders und das ist mein gutes recht.
      bei diesem umgang mit anderen meinungen schwillt mir sowieso der kamm!

      • Detlef schreibt:

        Das einzige was lächerlich ist, sind Kommentare von Menschen die keinerlei Hintergrundwissen haben, bzw. ihr Wissen aus den deutschen Medien haben, die ebenfalls nicht vor Ort waren.
        Selbstverständlich ist es „dein gutes Recht“ sich mit armseligen Kommentaren zu präsentieren, aber manchmal ist es eben besser die Klappe zu halten, besonders wenn man nichts weiß!

        Aber sicher hast du ja schon dutzende Autofabriken aufgebaut, Lieferantenbeziehungen geknüpft und komplexe Teile entwickeln lassen. Sowas geht natürlich alles ganz schnell und auch Händler- und Importeursverträge formulierst du im Vorübergehen.

        Sicher, kann man alles besser oder anders machen und ob NEVS-SAAB es wirklich schafft ist alles andere als sicher. Ich würde dir empfehlen, dich bei NEVS zu bewerben, die suchen noch Leute, dann kannst du ja mal beweisen ob du noch mehr drauf hast als nur sinn-freies Gemotze.

        • tauentzien schreibt:

          Na, jetzt kommt mal beide wieder etwas runter. Immerhin geht es „nur“ um eine Autofabrik…

        • Marcus schreibt:

          @tauentzien:
          niemals werde ich mich dümmlich anmachen lassen, weder hier, noch sonstwo, ohne mich dagegen zur wehr zu setzen.
          mein 1. beitrag hat niemanden angegriffen, es ist nur meine meinung.
          glücklicherweise hat der schreiberling keinen anstand und keinen stil – das kann jeder nachlesen.

        • Marcus schreibt:

          du disqualifiziertst dich selbst, das muss ich nicht kommentieren, so tief kann ich gar nicht sinken.

  7. polar schreibt:

    Danke ,Marcus ! Vieles sehe ich auch so ! Was will NEVS für ein Bedarf am europäischen Markt feststellen, wenn nur die Schweden selbst über Internet bestellen können ? Sollen wir uns jetzt alle schwedische freunde zulegen, die für uns bestellen in der Ferne? Lächerlich. Bei allen positiven Aspekten sollte man die rosarote Brille absetzen. Unsere Händler und Kunden sind doch gar nicht mehr im Visier !Die Händler sollen hier nur noch von der Wartung leben ? und gekauft wird gar nicht oder über andere Wege. Welcher Händler macht das noch lange mit. Eine gewisse Zeit ist das noch zu ertragen und dann muss ein anderes Auto her. Alle haben keine Lust auf Nostalgieautos.

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