1990 war der stark überarbeitete Austin Metro als Rover Metro auf den Markt gekommen. 1995 erfolgte ein weiteres kleines Facelift zum Rover 100. Doch die weiterhin sinkenden Verkaufszahlen zeigten der Rover Group ganz deutlich, dass der Metro nach über 10 Jahren Produktion an der Ende seiner Produktionszeit angekommen war. Es musste jetzt ein neuentwickelter Nachfolger kommen.
Ab Mitte der 90er Jahre entwickelte Rover den New Mini. Dieser sollte neben dem seit 1959 gebauten alten Mini auch den Rover 100 ablösen. Aufgrund des Facelifts zum Rover 100 glaubt man bei Rover, dass der 100 noch bis zur geplanten Vorstellung des New Mini 1999/2000 durchhalten könnte.
Doch hier täuschte sich Rover in mehrfacher Hinsicht. Aufgrund der Vorgaben von BMW wurde der New Mini kein echter Nachfolger des alten Mini. Dieser war ein clever gemachter Kleinwagen, der als Raumwunder nebenbei noch sportlich auftrat. Der New Mini sollte sich zwar an die Optik des alten Mini anlehen, aber er sollte ein sportlicher Prremiumkleinwagen werden. Das BMW-Konzept war Ende der 90er stimmig, doch damit gab es keinen Nachfolger für den günstigen und einfachen Rover 100.
Daneben musste der Rover 100 schon Ende 1997 vom Markt genommen werden. Schuld an der Einstellung des 100 war der Euro-NCAP-Crashtest. Dieser kam Mitte der 90er Jahre auf und 1997 wurde erstmalig der Rover 100 getestet. Das Ergebnis des Crashtest war katastrophal. Die neuen Sicherheitsnormen konnte der konstruktiv 17-Jahre-alte Rover 100 nicht erfüllen und erhielt bei der NCAP-Wertung nur einen von fünf Sternen. Unglücklicherweise wurden diese miserablen Ergebnisse auch noch in großen Aufmachern von der britischen Presse verbreitet. So zog Rover die Notbremse und stellte die Produktion trotz einer treuen Kundschaft im Kleinwagensegment ein.
Diese treue Klientel sollte Rover bald vermissen. Denn jetzt fehlte ein Einstiegsfahrzeug, um junge Leute an die Marke zu binden. Der 200 war vielen zu teuer, da er zu dieser Zeit gegen den VW Golf und den Peugeot 306 antrat, und den städtischen Käufern auch zu groß. Nach der Trennung von BMW konnte MG Rover noch nicht einmal den New Mini als Ersatz anbieten.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends war also die Lösung des Kleinwagenproblems bei der neugegründeten Firma MG Rover weiter sehr akut. Zunächst versuchte man, kurzfristig mit dem Rover 200-Facelift Rover 25 diese Lücke im unteren bereich des Modellangebots zu schließen. Der Preis des Rover 25 wurde gesenkt und es wurde eine Grundversion mit einem kleineren Motor angeboten. Trotzdem fehlte weiterhin ein echter Kleinwagen mit einem sehr günstigen Einstiegspreis.
MG Rover hatte nach der Trennung mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Neben den knappen Finanzen war ein großer Teil der alten Rover-Entwicklungsabteilung bei Land Rover verblieben. Land Rover war jedoch 2000 an Ford verkauft worden. Die einzige Möglichkeit für MG Rover ein neues Modell auf den Markt zu bringen war, eine Kooperation mit einem anderen Hersteller.
Aber die wirtschaftliche Krise und die Schwäche von MG Rover selbst führten dazu, dass ein namhafter Kooperationspartner für MG Rover nicht in Sicht war. Auch die chinesische Automobilindustrie war noch nicht so weit fortgeschritten, dass eine ernsthafte Kooperation möglich gewesen wäre.
Doch in Indien ergab sich eine Möglichkeit für MG Rover. Der Mischkonzern der Familie Tata war auch im Automobilbau aktiv. Tata hatte 1998 den Tata Indica auf den Markt gebracht. Der Indica war der erste vollständig in Indien entwickelte und gebaute Pkw. Der Indica verkaufte sich in Indien ausgezeichnet, innerhalb der erstenn 8 Monate des Verkaufs im Jahr 1998 konnte Tata 100.000 Indicas absetzen. 2001 brachte Tata eine überarbeitete und verbesserte Version, den Indica V2, auf den Markt. Auch der V2 wurde sofort zum meistverkauften Fahrzeuug seiner Klasse in Indien.
Trotzdem machte Tata Verluste mit jedem verkauften Indica. Denn die Produktqualität und die Produktionsstandards waren zu hoch für den indischen Markt. Daraus resultierten für Indien relativ hohe Produktionskosten, die im indischen Markt nicht durch einen höheren Preis kompensiert werden konnten. Die Lösung für Tata war der Export des Indica in Länder, in denen ein hoher Preis durchgesetzt werden konnte.
Tata fragte daher bei MG Rover 2002 an, ob man nicht den Tata Indica in Großbritannien vermarkten wolle. Die Führung von MG Rover erkannte, dass durch den gut konstruierten Indica die Mögllichkeit gegeben war, ein eigenes MG Rover Modell als Kleinwagen zu präsentieren.
Eine Einigung mit Tata war schnell erzielt. Beide Seiten hatten großes Interesse an der Vermarktung des Indica. Da Tata keinen bekannten und bewährten Markennamen liefern konnte, hatte Tata wohl auch kein Problem, den Wagen unter der Rover-Marke nach Großbritannien zu liefern. Grundsätzlich sollte der Indica aufgrund der für Europa sehr geringen Herstellungskosten als Rover in Indien produziert und dann nach Großbritannien verschifft werden. Zunächst sollte der Indica nur in Großbritannien verkauft werden, später war aber der Verkauf in ganz Europa durch Rover vorgesehen.
Da die Zeit drängte, einigte man sich auch darauf, dass Rover kaum Veränderungen am Indica vornehmen sollte. Das Projekt erhielt trotzdem einen Rover-Codenamen (R110). Technisch wurde lediglich das Fahrwerk verändert, um den Indica an europäische Verhältnisse anzupassen. Optisch wurde die Front und das Heck kostengünstig auf das Rover-Design umgestaltet.
Dies sollte sich noch rächen. Denn die Schwachstellen des Indica wurden nicht beseitigt. Technisch war das Getriebe nicht auf der Höhe. Der Gangwechsel war für den Fahrer ruppig und anstrengend. Auch das Interieur ließ zu wünschen übrig. Billiges Plastik, offene Schrauben und schlechte Stoffe. Insgesamt war die Qualität innen nicht zufriedenstellend.
Trotz dieser bekannten Schwachstellen wurde die Einführung des Indica als Rover zügig vorangetrieben. Aber zunächst stand noch die Namensfrage im Raum. 1990 hatte man den Austin Metro bewußt nicht in die Rover-Typologie eingebunden, da man den Metro als Rover nicht ganz ebenbürtig ansah. Aus dem gleichen Grund wurde aus dem Tata Indica nicht ein Rover 15. In Anlehnung an die ehemaligen Geländewagen von Rover (Land Rover, Range Rover) gab man den Indica den Namen CityRover, um zum einen Distanz zu den in England produzierten Rover-Fahrzeugen zu wahren und zum anderen um das Einsatzgebiet des Fahrzeugs entsprechend der Rover-Tradition darzustellen.
Der Indica wurde von einem 1,4 Liter Peugeot-Motor älteren Datums angetrieben. Dieser gab gesunde 84 PS an die Vorrderräder ab. Trotzdem stand auch der etwas angestaubte Motor in der Kritik, da er für einen modernen Kleinwagen etwas zu durstig war. Ein Einbau der besseren Rover-Triebwerke kam jedoch aufgrund der Kosten und der umständlichen Verschiffung nach Indien nicht in Frage. Denn die Produktionskosten standen im Vordergrund. Angeblich kostete der CityRover in der Herstellung je nach Ausstattungsvariante umgerechnet lediglich 1.300 bis 3.400 Euro.
Der CityRover wurde im September 2003 vorgestellt. Die englischen Händler waren zuversichtlich, dass der CityRover sich gut verkaufen ließe. Zwar war der Wagen nicht ganz konkurrenzfähig und auch qualitativ war er nicht ganz auf der Höhe. Doch dies ließe sich durch einen niedrigen Preis kompensieren. Der CityRover könnte neue Käufer in die Händlerräume locken. Angesetzt wurde von MG Rover daher Verkaufszahlen von 30 bis 40.000 Stück jährlich. Interessanterweise war MG Rover bei der Vereinbarung mit Tata vorsichtiger. Hier setzte man 100.000 CityRover in 5 Jahren an, die MG Rover abnehmen würde.
Doch die Händler täuschten sich. Zunächst war ihnen mitgeteilt worden, dass der CityRover in der Grundversion für 4.995 Pfund (ca. 7.500 Euro) angeboten werden sollte. Damit würde man aktuellere Konkurrenten wie den Fiat Panda, den Skoda Fabia und sogar den Hyundai Getz unterbieten. Zum Verkaufsstart setzte MG Rover aber unverständlicherweise deutlich höhere Preise an. Es gab vier Ausstattungsvarianten (Solo, Sprite, Select und Style). Die Einstiegsvariante Solo begann bei 6.500 Pfund (ca. 9.700 Euro), die Topversion Style bei 8.900 Pfund (ca. 13.000 Euro). Damit war der CityRover teurer als die modernere Konkurrenz.
Die Presse stand dem Wagen eigentlich wohlwollend gegenüber. Zwar wurden die Schwachstellen kritisiert, aber auch das positive am CityRover wurde hervorgehoben. Der Wagen war wendig, klein und bot doch mehr Platz als die direkte Konkurrenz. Doch eine Kaufempfehlung wollte keine Zeitung abgeben. Der CityRover war einfach zu teuer.
Das MG Rover-Management kannte wohl die Schwachstellen des CityRover. Denn Werbung wurde so gut wie nicht betrieben. Auch weigerte man sich, einigen TV-Sendungen (z.B. BBC Top Gear) Testwagen zur Verfügung zu stellen. Dadurch wurde der Ruf des CityRovers von Beginn an zerstört. Dementsprechend entwickelten sich die Verkaufszahlen. Insgesamt wurden nur 8.273 CityRover in knapp zwei Jahren produziert.
MG Rover reagierte zu spät auf die Kritik. 2005 kam eine überarbeitete Version (Mk. II) auf den Markt, die dann auch auf dem europäischen Kontinent verkauft werden sollte. Dabei wurden Getriebe und Qualität des Innenraums verbessert. Auch die Preisgestaltung sollte angepasst werden. Die ersten Schiffsladungen trafen jedoch erst Ende April 2005 in England ein. Doch da war es bereits zu spät. MG Rover war bereits seit Anfang April in der Insolvenz. Die Schiffsladung wurden im Rahmen der Insolvenz „verscherbelt“ und die Kooperation mit Tata war beendet.
Auch der CityRover war ein Beispiel, dass man bei Rover mit etwas mehr Investment durchaus etwas erreichen hätte können. Der Indica hatte Potential. Mit einer etwas größeren Überarbeitung hätte kostengünstig ein vernünftiger Klenwagen für den europäischen Markt entstehen können. Doch MG Rover warf zunächst die unzureichende Version auf den Markt um dann zu spät nachzubessern. Da war der Ruf des CityRover bereits zerstört. Ironischerweise wird der CityRover von seinen Besitzern auch nach Jahren noch als sehr zuverlässiges Fahrzeug gelobt. Wäre 2003 sofort die Mk. II-Version zu einem angemessenen Preis auf den Markt gekommen, hätte MG Rover durchaus 20.000 CityRover jährlich mit Gewinn absetzen können.
Diese Engländer! Irgendwie hatten sie die Nase zu hoch eine Zeit lang. Dabei ist das so schade. Rover gehörte zu den Marken, die jedes Kind kannte, mit tollem Image. Nicht perfekt, aber mit Charakter, Stil und Bumms unter der Haube. Ich habe immer von einem Vitesse geträumt. Naja, bevor es hieß, die Rover-Leute am Band würden für den deutschen Markt auch schon mal eine tote Katze einnähen, weil sie so sauer waren über BMW. Wobei ja ausgerechnet der Rover-Käufer da der falsche war, der dafür gescholten wurde. Sehr schade, was mit englischen Industrie ingesamt geschehen ist. Meine Hoover-Waschmaschine ist schick und es steht sogar drauf, die Marke sei auch der Lieferant der englischen Königin. Wenn das mal nicht nett ist. Und wo kommt sie her? Von Candy aus Italien!