Heute früh berichten die schwedischen Zeitungen über die vor und während der Rekonstruktion aufgelaufenen Schulden von Saab. Insbesondere geht es um die Steuerschulden von Saab. Offensichtlich wurden aus dem Gläubigerausschuss Informationen an die Presse weitergegeben. Der Gläubigerausschuss hat vollen Einblick in die Saab-Bilanzen, sollte aber natürlich keine Infos an die Presse weitergeben.
Besonders interessant – wahrscheinlich weil die Summe sehr hoch aussieht – ist für die Presse der Stand der Steuerschulden. Hier muss man differenzieren. Während der Rekonstruktion muss Saab die in dieser Zeit aufgelaufenen Steuern nicht bezahlen. Allerdings gilt dieser Zahlungsaufschub nicht für Steuerschulden, die vor dem Beginn der Rekonstruktion entstanden sind. Insgesamt sind aktuell ca. 16 Mio. Euro an Steuern offen. Fällig zur Zahlung sind davon jedoch nur ca. 3 Mio. Euro. Saab hat offensichtlich im letzten Monat vor Beginn der Rekonstruktion erstmalig die anstehenden Steuern nicht beglichen.
Diese Steuerforderung von ca. 3 Mio. Euro scheint aber zunächst kein Problem zu sein. Youngman und Pang Da wollen Saab weiter unterstützen. Trotz der unsicheren Lage aufgrund der fehlenden Zustimmung von GM werden die chinesischen Firmen Saab weitere finanzielle Mittel zukommen lassen. Rachel Pang von Youngman bekräftigte gestern, dass man die jetzt am Freitag und am Montag fälligen Löhne der Saab-Mitarbeiter bezahlen werde. Damit werden die chinesischen Firmen innerhalb des letzten halben Jahres ca. 70 Mio. Euro an Saab gezahlt haben.
Weiterhin versuchen die chinesischen Firmen, GM von einer 100%-Übernahme von Saab zu überzeugen. Dafür bieten Youngman und Pang Da GM über das Festschreiben von Produktionsvolumen offensichtlich mehr Geld als bisher und einen vertraglichen Schutz der GM-Rechte an. Ob das der richtige Weg ist wage ich zu bezweifeln. GM bekräftigte jedenfalls gestern das „Nein“ zu einer 100%-Übernahme. Auch das verbesserte China-Angebot hat GM wohl nicht überzeugt. Vielleicht sollten sich die Chinesen etwas flexibler zeigen. GM scheint durchaus zu Verhandlungen bereit zu sein, nur eine 100%-Übernahme ist von GM nicht gewollt. Natürlich könnte es GM auch nur um mehr Geld gehen, aber die bisherigen Verhandlungsversuche der Chinesen, der schwedischen Regierung und des Saab-Administrators Guy Lofalk waren recht erfolglos. Dies hat Saab viel Zeit gekostet. Zeit, die weiter am Vertrauen der Kunden und der Händler nagt. GM scheint auch nicht gewillt zu sein, mit Youngman und Pang Da direkt zu verhandeln. Saab und Victor Muller scheint dagegen noch das Vertrauen von GM als langjährige Verhandlungspartner zu besitzen. Vielleicht war es doch kein so guter Schachzug, SWAN und Victor Muller so auszubooten und bei den Verhandlungen mit GM nicht einzubeziehen.
Trotz der schwachen Performance der schwedischen Regierung bei Saab ist der schwedische Finanzminister Anders Borg (Bild links) von der Financial Times zum besten Finanzminister Europas gekürt worden. Bewertet wurden die Kriterien politische Fähigkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit auf den Märkten. Platz zwei belegte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Letzter wurde wenig überraschend Herr Venizelos aus Griechenland.
Nun ja, man sieht wieder, dass die Wirklichkeit deutlich anders aussieht, als die Presse es uns Glauben machen will. Wenn man die schwedischen Verhältnisse auf Deutschland übertragen würde, dann ginge es bei Saab umgerechnet um ca. 25.000 direkt betroffene und 55.000 indirekt betroffene Arbeitsplätze. Das sind schon heftige Dimensionen, die die schwedische Regierung in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt hat. Die DI bezeichnet Borg als „Zauberer“ (schwedisch „häxmästare“), aber ich finde die wörtliche Übersetzung Hexenmeister passender. Borg hat wie ein böser Hexenmeister versucht, zusammen mit anderen Regierungsmitgliedern seine Spielchen im Verborgenen mit Saab zu spielen. Gerade bei der Frage der Glaubwürdigkeit muss man die Mitglieder der schwedischen Regierung daher eher ganz am unteren Ende der Skala ansiedeln. Saab wurde über Monate von der schwedischen Regierung belogen. Dadurch wurde wertvolle Zeit und viele Millionen Euro vergeudet, die Saab heute fehlen.