In der schwedischen Presse überschlagen sich weiter die Meldungen über einen möglichen Einstieg von Geely und die Rolle der schwedischen Regierung. Dabei gibt es je nach schwedischer Zeitung unterschiedliche Nachrichten und Informationen, was die ganze Geschichte noch verwirrender macht. Ungenannte „Insider“ und Quellen der jeweiligen Zeitungen beherrschen dabei die Nachrichtenlage.
Laut Aftonbladet sei gestern ein hoher Geely-Vertreter, Li Shufu, zu Gast in Stockholm gewesen. Anwesend seien auch Vertreter von Pang Da gewesen. Li wollte angeblich den Kauf von Saab mit der schwedischen Regierung und insbesondere mit Finanzminister Anders Borg abstimmen. Dieser sei aber unabkömmlich gewesen und habe seinen Staatssekretär zum Treffen geschickt. Daraufhin habe Geely die Gespräche abgebrochen. Geplant sei auch schon eine Überweisung von 50 Mio. Euro von Geely an Saab gewesen, die dann natürlich nicht ausgeführt wurde. Laut Aftonbladet sei der Verkauf an Geely damit gescheitert. Saab habe aufgrund der ganzen Geschichte das Vertrauen gegenüber dem Administrator Guy Lofalk verloren und wolle am Montag beim Amtsgericht Vänersborg seine Ablösung beantragen.
Die TTela berichtet über diese Geschichte nichts. Dafür gibt es dort Nachrichten über die Möglichkeit, dass der schwedische Staat durch die Ablösung des EIB-Kredits kurzfristig Miteigentümer von Saab wird und Saab bis zum Einstieg von Investoren quasi einen Überbrückungskredit in Höhe von ca. 70 Mio. Euro gibt. Dazu arbeite Administrator Lofalk eng mit der schwedischen Regierung zusammen. Über eine mögliche Ablösung Lofalks wird nichts berichtet.
Recht ruhig wird bisher die Angelegenheit von Saab behandelt. Victor Muller äußerst sich bisher überhaupt nicht zu den aktuellen Geely-Szenarien. Saab-Sprecher Eric Geers sagt nichts zu Geely und hat sich gegenüber der TTela allgemein geäußert, dass der Überbrückungskredit für Saab sehr wichtig sei. Lofalk sorge laut Geers dafür, dass man im Rahmen der Rekonstruktion alles im Griff habe.
Leser der TTela erhalten also eher den Eindruck, dass Saab weiterhin gut und einvernehmlich mit Administrator Guy Lofalk zusammenarbeitet.
Die Svd meldet, dass die Regierung bereit sei, Saab zu helfen. Allerdings würden sich laut Quellen der SvD die Zweifel in China mehren, ob Youngman von der NDRC das grüne Licht für den Einstieg erhalten wird. Angeblich wünsche die chinesische Regierung, dass Youngman durch Geely ersetzt wird. Diese Information könnte nun wieder etwas besser zur Aftonbladet-Geschichte passen.
Geely selbst hat laut der der Seite autoweek.nl einen Einstieg und ein Interesse an Saab dementiert. Interessant ist dabei der Hinweis, dass die 70 Mio. Euro, die Youngman an Saab zahlen will, aus einem Kredit von der Deutschen Bank stammen.
Soweit die aktuelle Gerüchte-Lage. Die ganze Geely-Geschichte ist bisher hoch spekulativ. Sehr viele unterschiedliche Meldungen kursieren in Schweden. Was davon Tatsache ist und was reine Erfindung bleibt abzuwarten. Einzelne Meldung erscheinen mir zu fantastisch und zu unglaublich. Fraglich ist zum Beispiel, ob Geely einen möglicherweise von der chinesischen Regierung gewünschten Geschäftsabschluss scheitern lässt, nur weil bei einem Treffen statt des Ministers der Staatssekretär erscheint. Positiv scheint mir die Möglichkeit zu sein, dass Geely im Rahmen der bestehenden Verträge nur Youngman ersetzen könnte. Damit wäre Geely Minderheitsaktionär und hätte nicht die Möglichkeit, Saab auszuschlachten.
Aber insgesamt ist die Geely-Geschichte bisher nicht bestätigt und basiert nur auf verschiedenen „Insider-Quellen“ der schwedischen Presse. Möglich ist, dass sich alles wieder in Luft auflöst und Guy Lofalk nur während seines Besuchs in China versucht hat, aktiv weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Saab zu erhalten. Dies wäre ja auch sein Job…
Wahrscheinlicher ist wohl zunächst die Möglichkeit, dass die schwedische Regierung den EIB-Kredit über irgendeine Art der Zwischenfinanzierung ablösen wird, damit Saab diesen Betrag frei und nicht nur wie bisher gebunden für Forschungszwecke ausgeben kann. Da Saab sicher nicht 436 Mio. Euro im letzten Jahr für Forschung ausgegeben hat – für jeden ausgegebenen EIB-Euro muss Saab auch einen Euro ausgeben, dürfte noch ein größerer Teil des EIB-Darlehens in Höhe von 218 Mio. Euro vorhanden sein.