Saab 92001 (1947)

Mit dem „Ursaab“ 92001 beginnt die Geschichte des Unternehmens Saab als Hersteller unkonventioneller Automobile („Ur“ bedeutet auf Schwedisch „original“). Der Ursaab war das erste von Saab produzierte Automobil – ein von Hand gefertigter Prototyp mit der Fahrzeugbezeichnung 92.001. Die Nummern 90 und 91 waren noch an Flugzeuge vergeben worden, da die Projekte damals jedoch einfach durchnummeriert wurden, war die Nr. 92 in der Nomenklatur die logische nächste Bezeichnung, wenn auch für ein Automobilprojekt.

Das Saab Management hatte die Entscheidung getroffen, weiterhin Flugzeuge zu bauen, das Unternehmen aber zu diversifizieren und vorhandenes technisches Know-how für die Konstruktion von Automobilen zu nutzen. Der Auftrag für die Ingenieure bestand in der Konstruktion und Entwicklung eines kleinen, robusten und zuverlässigen Fahrzeugs, das sich der Durchschnittsbürger leisten kann. Flugzeug-Chefingenieur Gunnar Ljungström erhielt den Auftrag, das aus nur 20 Personen bestehende Projektteam zu leiten. Zu diesem Team gehörte auch der Produktdesigner und damalige Illustrator Sixten Sason.

Die ersten Zeichnungen der Karosserie wurden im Januar 1946 fertig gestellt, ein maßstabgetreues Modell entstand im Januar 1946. Da für die hölzerne Ur-Form der Lack fehlte, wurde sie mit schwarzer Schuhcreme eingefärbt. Der Prototyp wurde von Hand auf Holzbänken gedengelt, die auf Pferdemist standen – der sollte die „Sensibilität“ der Hammerschläge erhöhen.

Selbst nach heutigen Maßstäben ist der Ursaab, der einen Ehrenplatz im Saab Automobilmuseum gefunden hat, ein Kompaktfahrzeug mit spektakulärer Optik. Seine aerodynamische Regentropfenform verrät zweifelsohne die Handschrift von Flugzeugingenieuren, die genau wussten, wie wichtig geringer Luftwiderstand, hohe Stabilität und möglichst wenig Gewicht sind.

Die schalenförmige Monocoque-Konstruktion war für die damalige Zeit eine absolute Rarität. Die Flugzeugingenieure wollten damit neue Wege gehen und ein Automobil ohne die Zwänge konventioneller Konstruktionsvorgaben entwickeln.

Sicherheit war im Flugzeugbau immer eine wichtige Forderung, die natürlich auch bei der Entwicklung von Automobilen die gleiche Priorität haben sollte. Technisch wurde dies zum Beispiel durch Windschutzscheibenholme und Karosserieteile erreicht, die so ausgelegt waren, dass sie die Insassen bei einem Unfall schützen. Für die damalige Zeit war das im Automobilsektor eine ungewöhnliche Maßnahme.

Auch die Verwendung eines Vorderradantriebs für sicheres Handling, ausgezeichnete Straßenlage und effiziente Raumnutzung waren unkonventionell. Die Schweden waren damit ihrer Zeit eine Dekade voraus, denn erst zehn Jahre später wurde dieses Konzept mit dem Austin Morris/Mini wirklich populär. Saab begründete damit eine lange Tradition.
Als Triebwerk erhielt das Fahrzeug einen Zweizylinder-Zweitaktmotor mit 692 cm² und 22 PS, der seine Kraft über ein Dreigang-Schaltgetriebe auf die Straße brachte.

Der unter der Nummer E14783 registrierte Ursaab war gegen Ende des Sommers 1946 fahrbereit und wurde sofort in zahllosen Tag- und Nachtfahrten getestet. Die Schwesterfahrzeuge 92.002 und 92.003 wurden zur Erweiterung des Testprogramms gebaut und ebenfalls auf die Piste geschickt; gemeinsam absolvierten die drei Fahrzeuge mehr als 530.000 Testkilometer – das sind 13 Touren rund um die Welt!

Während der Entwicklungsphase wurden zahlreiche Änderungen vorgenommen, zum Beispiel die Verwendung leichterer und weniger gewölbter Türen und der Verzicht auf die Vollverkleidung der Räder vorn, da dieses Design von Sason zwar aerodynamische Vorteile hatte, sich dort aber gerne Schnee festsetzte. Bis die technische Spezifikation des ersten Serienmodells feststand, waren insgesamt 20 Vorproduktions-Prototypen gebaut worden.

1947 zog das Saab 92 Projektteam von Linköping nach Trollhättan um, da dort inzwischen in der Saab Flugzeugfabrik die Werkzeugausstattung für die Automobilproduktion kurz vor der Fertigstellung stand. Am 12. Dezember 1949 schließlich, als die Serienproduktion des Saab 92 begann, endete die Reise des Ursaab vom Zeichenbrett in die Ausstellungsräume der Händler.

alle Fotos © Saab Automobile AB

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