Saab 9-2X – der Saabaru

Was macht ein Konzern, wenn er für eine seiner Tochtergesellschaften auf die Schnelle ein kleines Einstiegsmodell benötigt? Genau, er schaut bei bei einer anderen Konzernmarke vorbei und übernimmt ein passendes Modell. Gut, günstig, schnell erledig. Alles bestens, oder?

Tja, die automobile Welt sieht leider etwas anderes aus, als der gemeine Konzern-Manager sich das manchmal vorstellt. Da geht es nicht nur um objektive Kriterien, sondern auch die Marken-Gefühlswelt muss stimmen. Und hier begann das Problem des schwedischen Samurais bzw. des Nippon-Wikingers Saab 9-2X.

GM erwarb im Jahr 2000 neben dem letzten Anteil an der Saab Automobile AB auch 20% der Anteile am japanischen Autobauer Subaru. Die neue japanische Tochter produzierte im Mittelklasse- und Kleinwagensegment Fahrzeug mit dem Hauch des besonderen, nämlich meistens mit Allrad ausgestattete Fahrzeuge, die von einem Boxer-Motor angetrieben wurden. Gleichzeitig zeichnete sich Subaru durch hohe Sicherheitsstandards bei ihren Fahrzeugen aus. Subaru war in Asien eigentlich das gleiche, das Saab für Europa war, eine Individualisten-Marke.

Zu Beginn des neuen Jahrtausend versuchte GM die Marke Saab erfolgreicher und breiter aufzustellen. Da man bei GM aber gleichzeitig nicht gewillt war, richtig in Saab zu investieren, musste eine billige Lösung gefunden werden. Was macht man, wenn man selbst keine schlagkräftige Idee hat? Man wärmt eine alte wieder auf. Genau das taten die GM-Manager und kam man auf eine altbekannte „Lösung“: Badge-Engineering.

Wirklich praktiziert wurde badge-engineering in England zwischen den 50er und 70er Jahren. Die British Motor Corporation war perfekt darin, mit einem Fahrzeug ein Vielzahl von Konzermarken auszustafieren. Diese Fahrzeuge unterschieden sich nur durch das Markenemblem („badge“). Natürlich wurden noch kostengünstig ein paar andere Änderungen durchgeführt, um die Modelle an die jeweilige Marke anzupassen. So wurden aus dem sehr fortschrittlichen Kompaktwagen Austin 1100 (ADO 16) der Morris 1100, der Riley Kestrel, der Wolseley 1100, der MG 1100 und der Vanden Plas Princess 1100. Auch der Mini erschien zunächst in verschiedenen Varianten als Austin Seven, Morris Mini Minor, Wolseley Hornet und Riley Elf (die beiden letzten als Stufenheck!). Das gleiche praktizierte die Rootes-Gruppe mit den Konzermarken Humber, Hillman, Sunbeam und Singer. Weiteres Beispiel ist Peugeot, zunächst mit Talbot, später auch mit Citroen. Aber irgendwann waren die Marken durch Einsparungen so verwässert, dass einzelne Marken leider von der Bildfläche verschwinden mussten.

Genau diese Taktik wärmten die GM-Bosse wieder auf. Anfang des neuen Jahrtausend hatte Saab den 9-3II auf den Markt gebracht. Aber gerade für den nordamerikansichen Markt fehlte ein Einstiegsmodell. Also griff GM bei Subaru zu und verordnete Saab für die USA und Kanada den bewährten und zuverlässigen Subaru Impreza als neuen Saab 9-2X. Der Saabaru war geboren. Das X stand dabei für den Allradantrieb, den der 9-2X als erster Saab überhaupt besaß.

 

© Saab Automobile AB

Der 9-2X war zunächst in zwei Motorenvarianten erhältlich. Zur Auswahl standen als Basismotor ein 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxer mit 165 PS und 225 Nm  sowie ein Boxer-Turbotriebwerk mit 2,0 Litern Hubraum, 227 PS und 294 Nm für die Topversion Aero. Dieser 2,0 Liter Turbo-Boxer wurde 2006 durch ein 2,5 Liter Turbo-Boxer mit 230 PS und 319 Nm Drehmoment ersetzt.

Der 9-2X und der Impreza unterschieden sich äußerlich nur wenig, obwohl nur die Fahrgastzelle und Türen gleich waren. Kotflügel, Motorhaube, Heckklappe, Leuchten und Stoßfängern, wurden für Saab geändert. Der Innenraum des Saab wurde größtenteils vom Impreza übernommen.

 

Subaru Impreza WRX Kombi (Foto © Subaru)

Produziert wurde der 9-2X in Japan in der Ota-Gunma-Fabrik von Fuji Heavy Industries (Mehrheitseigentümer von Subaru)  in Japan zusammen mit dem Subaru Impreza.

Im Juli 2004 begann der Verkauf des Saab 9-2X in Nordamerika. Gleich in den ersten Monaten zeigte sich, dass verkaufsmäßig der Saabaru die von GM in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnte. Im Juli und im August 2004 wurden zusammen nur 410 9-2X verkauft. Auch in den folgenden Monaten lief der Verkauf nur sehr schleppend.

Das Ende kam dann auch schnell. Im Oktober 2005 verkaufte GM seine Anteile an Subaru wieder, so dass auch die Zusammenarbeit von Saab und Subaru beendet wurde. Erstes Opfer war der sich in der Entwicklung befindende Saab 9-6X, der auf dem Subaru B9 Tribeca basierte. Als Ersatz brachte man dann den Saab 9-7X auf Basis des Chevrolet Trailblazer in Nordamerika auf den Markt. Im Jahr 2006 lief dann auch die Produktion des 9-2X in Japan aus.

Insgesamt wurden vom Saab 9-2X in knapp 2 Jahren 10.346 Fahrzeuge produziert. Dabei wurden vom Modelljahr 2005 8.514 Fahrzeuge verkauft, vom Modelljahr 2006 konnten noch 1.832 Fahrzeuge an den Mann gebracht werden.

Der 9-2X war ohne Frage ein Mißerfolg. Dies lag daran, dass Saab nur in geringem Maße an diesem Modell etwas verändern durfte. Der 9-2X war kaum mehr als ein Impreza mit einer Saab-Schnauze. Selbst der Innenraum blieb unverändert. Trotz seiner guten Qualität wurde der 9-2X von den Saab-Käufern daher nicht angenommen. Der 9-2X hat unbestrittene Qualitäten und sogar eine kleine Fangemeinde in den USA. Er ist aber ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Man kann ohne Probleme Komponenten anderer Hersteller verwenden, aber eine Marke muss unverwechselbar bleiben und die typischen Markeneigenschaften wiederspiegeln. Dies tat auch der Saab 9-2X, aber es waren die Eigenschaften eines Subarus. Kein Wunder griffen die Käufer lieber zum Original.

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